# taz.de -- Whitney-Biennale in New York: Ein gewaltiges Spektakel
       
       > Nicht nur entlang eines Werkes von Dana Schutz entzündet sich auf der
       > Whitney-Biennale Kritik. Es geht um Gewalt, wohin man auch blickt.
       
 (IMG) Bild: Ein Werk von Larry Bell im Whitney Museum
       
       Die Whitney-Biennale wird in den Vereinigten Staaten gerne als Indikator
       gesehen, welche ästhetischen Debatten und gesellschaftlichen Themen in der
       nahen Zukunft anstehen und wichtig werden.
       
       Eher unfreiwillig erfüllt sie diese Rolle nun im Übermaß. Bei der Eröffnung
       am 17. März noch mit einhelligem Kritikerlob überhäuft, geriet sie wenig
       später über ein Gemälde der Ausstellung [1][in die Kritik, die noch immer
       anhält.]
       
       Am Eröffnungswochenende versuchte der Künstler Parker Bright, bekleidet mit
       einem T-Shirt, auf dem zu lesen war „Black Death Spectacle“, die Sicht auf
       Dana Schutz’ „Open Casket“ zu verstellen. Schutz’ Bild nimmt die Fotografie
       des von tödlichen Schlägen völlig entstellten Emmett Till auf und
       abstrahiert sie malerisch.
       
       Der 14-Jährige war 1955 in Mississippi ermordet wurde, nachdem ihn eine
       weiße Frau lügnerisch beschuldigt hatte, sie sexuell belästigt zu haben.
       
       Die britische Künstlerin Hannah Black forderte in einem offenen Brief
       sogar, das Gemälde aus der Ausstellung zu entfernen [2][und zu vernichten].
       Es gehe nicht an, so schrieb sie, dass eine weiße Person Schwarzes Leid in
       Profit und Unterhaltung ummünze, auch wenn das eine lange Tradition habe.
       Das Bild hängt noch immer.
       
       ## Jordan Wolfsons Virtual-Reality-Arbeit „Real Violence“
       
       In einem [3][ausführlichen Interview] auf der Online-Plattform Artnet News
       sagt Christopher Lew – gemeinsam mit Mia Locks Kurator der diesjährigen
       Ausgabe –, er begrüße die so leidenschaftlich geführte Debatte um das Bild,
       habe aber kein Verständnis für die Forderung nach seiner Entfernung und
       Vernichtung.
       
       Tatsächlich interessierten ihn und seine Co-Kuratorin bei der Vorbereitung
       der Biennale, so Lew, wie Künstler auf den Verlust an sozialer
       Infrastruktur reagieren. Wie sie den Mangel an zivilgesellschaftlichem
       Engagement seitens des Staates thematisieren, der sich diesen
       Verpflichtungen mehr und mehr entziehe. Daher wählten sie auch ein weiteres
       Werk Dana Schutz’ aus, das nun die Besucher im fünften Stock begrüßt.
       
       Das Bild zeigt dicht zusammengedrängte Menschen in einem Aufzug, die sich
       gegenseitig Beine und Arme auszureißen scheinen, aus schierer Wut über die
       bedrückende Enge. Das Bild, das vielleicht nur das Gedränge im Kunstbetrieb
       zum Thema hat und die Brutalität, die es braucht, dort nach oben zu kommen,
       betrachteten sie im Wahljahr 2016 als Metapher der amerikanischen
       Gesellschaft insgesamt.
       
       Überhaupt haben sehr viele Biennale-Arbeiten Gewalt zum Motiv. Und viele
       Besucher argumentieren, nicht Dana Schutz’ Gemälde müsse entfernt werden,
       sondern Jordan Wolfsons Virtual-Reality-Arbeit „Real Violence“ (2017).
       Setzt man die Cyberbrille auf, sieht man sehr realistisch, wie der Künstler
       auf der Straße einen Mann mit dem Baseballschläger offenbar zu Tode prügelt
       und dabei mit einer Kinderstimme ein hebräisches Gebet singt.
       
       Auch wenn in einem Klima zunehmenden Antisemitismus damit nur das Gefühl
       von Verletzlichkeit in Wut und Aggression umgedreht wird, zeigt die Arbeit
       ganz generell, woher der Wind weht.
       
       31 Mar 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Whitney-Biennale-in-New-York/!5394709/
 (DIR) [2] https://twitter.com/RAF_i_A/status/842364436346204160/photo/1?ref_src=twsrc%5Etfw&amp&ref_url=https%3A%2F%2Fnews.artnet.com%2Fart-world%2Fart-world-split-dana-schutz-controversy-902423
 (DIR) [3] https://news.artnet.com/art-world/whitney-biennial-christopher-lew-dana-schutz-906557
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Brigitte Werneburg
       
       ## TAGS
       
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