# taz.de -- Entscheidung über CDU-Kandidaten: Kandidat gewählt, Partei gespalten
       
       > CDU-Abstimmung im Südwesten, zweiter Versuch: Ex-Senator Heilmann setzt
       > sich gegen Karl-Georg Wellmann als Bundestagskandidat durch.
       
 (IMG) Bild: Da waren beide noch zuversichtlich: Ex-Senator Heilmann (l.) und der Noch-Abgeordnete Wellmann vor der Wahl.
       
       Der Machtkampf ist beendet, die Partei bleibt gespalten: Mit klarer
       Mehrheit hat sich Ex-Justizsenator Thomas Heilmann (52) am späten
       Sonntagnachmittag im zweiten Anlauf die CDU-Bundestagskandidatur in
       Steglitz-Zehlendorf gesichert.
       
       Beim ersten Versuch vor zweieinhalb Wochen hatte es noch ein Patt zwischen
       zwischen ihm, dem Kreisvorsitzenden der Partei, und Karl-Georg Wellmann
       (64) gegeben, dem seit 2005 in drei Wahlen erfolgreichen
       Bundestagsabgeordneten. Heilmann bekam bei einer Mitgliederversammlung am
       Sonntag 378 Stimmen, seinen Gegenkandidat 252.
       
       Zwischen beiden Parteitagen war zu Wochenbeginn bekannt geworden, dass es
       bei einer Mitgliederbefragung um die Jahreswende herum rund 350 gefälschte
       Abstimmzettel gegeben hatte. Der Justitiar des CDU-Landesverbands wies nach
       einer parteiinternen Untersuchung dafür eine Mittäterschaft zu.
       
       ## Keine Spur von Versöhnung
       
       Dass die Partei trotz des klaren Ergebnisses weit von einer Versöhnung ist,
       lässt sich direkt nach der Ergebnisbekanntgabe im Zehlendorfer
       Cole-Sportzentrum gut abzulesen: Als Heilmann die Kandidatur annimmt und
       als gemeinsames Ziel ausgibt, nun “Herrn Schulz (designierter
       SPD-Kanzlerkandidat, d. Red.) zu schlagen und die nächste Wahl wieder zu
       gewinnen“, rührt sich in manchen Sitzreihen kaum eine Hand, vorwiegend bei
       älteren Parteimitgliedern. Wellmann ist zu diesem Zeitpunkt nicht in der
       Halle zu sehen und angeblich schon gegangen.
       
       Vor Beginn des Parteitags zu ungewohnter Zeit und an ungewohntem Ort –
       Hinweise in arabischer und englischer Schrift im Foyer erinnerten daran,
       dass hier noch bis vor kurzem hunderte Flüchtlinge lebten – machen Gerüchte
       die Runde, auch befeuert von Wellmann selbst: Demnach will der gleich zu
       Beginn vorschlagen, dass er und Heilmann als Kandidaten zurück ziehen und
       stattdessen die Landesvorsitzende Monika Grütters antritt. Die kandidiert
       seit 2005 mit achtbarem Ergebnis, aber letztlich chancenlos in
       Marzahn-Hellersdorf gegen die Linkspartei-Ikone Petra Pau. In den Bundestag
       rückte sie, teils erst nach einigem Zittern, stets als Spitzenkandidatin
       über die CDU-Landesliste.
       
       Dazu aber kommt es nicht: Als der Versammlungsleiter ankündigt, Wellmann
       wie Heilmann würden persönliche Erklärungen abgeben wollen, schallen
       „Nein“-Rufe durch die Sporthalle. Bei einer sofortigen Abstimmung lehnt
       eine Drei-Viertel-Mehrheit Wortbeiträge der Kandidaten – die sich ja schon
       beim ersten Anlauf am 1. März vorgestellt hatten – sowie eine mögliche
       folgende Debatte ab.
       
       „Die Leute hatten Angst, dass es eine Schlammschlacht gibt“, interpretiert
       Heilmann das später vor Journalisten. Eine andere Erklärung hat der
       langjährige Landesparlamentarier und Wellmann-Unterstützer Uwe
       Lehmann-Brauns, der 2002 selbst erfolglos CDU-Bundeskandidat im Südwesten
       war: Die Leute würden schnell wieder nach Hause wollen, zu ihrem
       Sonntagsbesuch oder ihren Kindern und Enkeln, sagt er der taz.
       
       Tatsächlich bilden sich schon mehrere Minuten, bevor es mit der Abstimmung
       los geht, lange Schlangen vor dem Zugang zu den Wahlurnen. „Ich will unter
       den ersten sein, damit ich schnell wieder weg kann“, ist mehrfach zu hören.
       
       Als parallel dazu die Nachricht kommt, es gebe 740 Abstimmungsberechtigte –
       später wird die Zahl wegen Doppelzählungen um rund 40 nach unten korrigiert
       -, gratuliert Lehmann-Brauns dem vorbeigehenden Heilmann vorzeitig: Bei 600
       hätte es für Wellmann aus seiner Sicht geschafft, so aber nicht. Ebene
       diese Zahl von 600 CDUlern waren anfangs dabei, als es drei Wochen zuvor
       nach fünfeinhalb Stunden unentschieden 245 zu 245 stand.
       
       Beide Seiten haben schon während der ganzen Woche von intensiver
       Mobilisierung berichtet, bei der Unterstützer ganze Mitgliederlisten
       abtelefonierten. 2.200 Mitglieder hat die Partei im Südwesten insgesamt,
       bis zu 1.000 Karteileichen soll es geben, also noch zahlende, aber
       ansonsten komplett inaktive Mitglieder.
       
       Heilmann soll, so heißt es aus seinem Umfeld, Mitte der Woche selbst
       überlegt haben, ob ein Rückzieher das Sinnvollste sein könnte. Fast alle
       Abgeordnetenhausmitglieder des Bezirks, Stadträte und führende Mitglieder
       im Bezirksparlament sollen daraufhin bei ihm zuhause vorstellig geworden
       sein, um ihn davon abzuhalten.
       
       Schon am nächsten Samstag steht er erneut zur Wahl, wenn die CDU ihre
       Landesliste für die Bundestagswahl aufstellt, parallel zu den Grünen. Nach
       dem Ergebnis von 2013 bräuchte er sich als CDU-Direktkandidat in
       Steglitz-Zehlendorf nicht über einen Listenplatz absichern – mit 17
       Prozentprunkten Vorsprung vor der SPD-Kandidatin gewann Wellmann damals den
       Wahlkreis.
       
       Doch nicht wenige in der CDU fürchten, dieser Vorsprung könnte nach der
       internen Auseinandersetzung und dem Fälschungsskandal, um den sich aus
       Parteisicht nun die Staatsanwaltschaft kümmern soll, dahin sein.
       
       19 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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