# taz.de -- Oscar-Gewinner „Moonlight“: Schüchtern in Miami
       
       > „Moonlight“ geht der Frage nach, was es heißt, im Süden der USA schwarz,
       > arm und schwul zu sein. Der Film entzieht sich allen gängigen Klischees.
       
 (IMG) Bild: Juan (Mahershala Ali) bringt dem jungen Chiron (Alex R. Hibbert) das Schwimmen bei
       
       Chiron schlägt nicht zurück. Der Neunjährige wird von Mitschülern gemobbt
       und geschlagen, doch anstatt sich zur Wehr zu setzen, zieht er es vor, zu
       fliehen. Er ist schüchtern, introvertiert, der typische Außenseiter.
       
       Wahre Freundschaft schließt er erst mit dem kubanischen Drogendealer Juan
       und dessen Freundin Teresa, die etwa im gleichen Alter wie Chirons
       crackabhängige alleinerziehende Mutter sind – und sich tatsächlich zu einer
       Art Ersatzelternpaar entwickeln. Juan bringt Chiron das Schwimmen bei,
       Teresa kocht für ihn. Vor allem aber lernt er von ihnen, dass es okay ist,
       verletzlich zu sein.
       
       „Moonlight“, der diesjährige Oscar-Gewinner in der Kategorie „Bester Film“,
       geht mit ikonischen Bildern der Frage nach, was es heißt, im Süden der USA
       schwarz, arm und schwul zu sein. Die Gettoerzählung, die im Miami der 80er
       Jahre beginnt und kurz nach der Jahrtausendwende endet, basiert auf einem
       nie aufgeführten Theaterstück mit dem Titel „In Moonlight Black Boys Look
       Blue“ von Tarell Alvin McCraney, und zeichnet ein schillerndes Ensemble aus
       Charakteren, die sich allen gängigen Klischees entziehen.
       
       Mit der Dreiteilung des Films erlaubt Regisseur Barry Jenkins, dem
       Protagonisten vom Grundschulalter über die Pubertät bis zum Dasein als
       frisch entlassener Jugendstraftäter zu folgen. Ashton Sanders, Alex R.
       Hibbert und Trevante Rhodes stellen Chiron in jeweils einem Altersabschnitt
       dar, und obwohl sie sich nicht sehr ähneln, gelingt es ihnen allen ähnlich
       präzise, Chirons unausgesprochenes Hadern mit den ihn umgebenen
       hypermaskulinen Rollenbildern auszudrücken.
       
       Den größten Einfluss übt hier Ersatzvater Juan aus, auch wenn dieser nur im
       ersten Filmdrittel zu sehen ist. In einer Schlüsselszene, die am weißen
       Strand von Südmiami spielt, erklärt der muskulöse Gangster, „faggot“
       (deutsch „Schwuchtel“) sei ein Wort, mit dem schlechte Menschen Schwule
       abwerten wollten.
       
       Neben Mahershala Ali (Juan), der vielen Zuschauer*innen als Remy Danton
       aus der Netflix-Serie „House of Cards“ bekannt sein dürfte und als „Bester
       Nebendarsteller“ ebenfalls mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, erbringt
       Naomie Harris die Glanzleistung des Films. Von Verzweiflung und Wut bis zu
       Schuldgefühlen und Isolation fängt Harris in der Rolle von Chirons Mutter
       alle Facetten der gescheiterten Elternfigur in einem einzigen stummen
       Schrei im Wohnungsflur ein. Es ist nur eines der zahlreichen Bilder, die
       „Moonlight“ im Gedächtnis seines Publikums verewigen.
       
       27 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fatma Aydemir
       
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