# taz.de -- Bauer klagt gegen Chemiewerk in China: Erfolg nach 16 Jahren
       
       > Chemieabfälle vergifteten sein Ackerland. Die Behörden halfen dem Bauern
       > Wang Enlin nicht. Da griff er selbst zu Rechtsbüchern und siegte vor
       > Gericht.
       
 (IMG) Bild: Wang Enlin sitzt in seinem Haus in dem Dorf Yushutun
       
       Peking dpa | Ein chinesischer Bauer hat sich 16 Jahre lang selbst das
       Gesetz beigebracht und erfolgreich einen großen Chemiekonzern verklagt.
       Nach dem Sieg vor Gericht im November wird „in den nächsten acht bis zehn
       Tagen“ über die Berufung der staatlichen Qihua-Gruppe entschieden, sagte
       Wang Enlin am Mittwoch am Telefon der Deutschen Presse-Agentur. „Ich bin
       sicher, dass wir wieder gewinnen werden“, sagte der Bauer. „Die harten
       Fakten sprechen für uns.“
       
       Der 65-Jährige, der nur drei Jahre zur Schule gegangen war, hat seit 2001
       Gesetzestexte studiert, um schließlich mit anderen Dorfbewohnern gegen die
       Umweltverschmutzung eines Qihua-Chemiewerks zu klagen. Giftige Abwässer
       hatten damals die Felder seines Dorfes Yushutun in der Nähe von Qiqihar in
       der Provinz Heilongjiang im Nordosten Chinas überflutet. Seither ist
       Ackerbau auf dem Land unmöglich.
       
       Als sich Wang Enlin über die Chemiefabrik beklagte, sagten ihm die
       Behörden, er müsse den Umweltschaden beweisen. Der Bauer fühlte sich im
       Recht, aber wusste nicht, welche Gesetze gebrochen worden waren. So begann
       er mit dem Studium juristischer Bücher. Da er kein Geld hatte, um die
       Bücher zu kaufen, las er die Texte in einem örtlichen Buchladen und schrieb
       sich wichtige Informationen in ein Heft. Dem Besitzer schenkte er als
       Gegenleistung immer wieder mal etwas Mais.
       
       Vor knapp zehn Jahren bekamen Wang Enlin und seine Nachbarn kostenlose
       Unterstützung durch eine Anwaltskanzlei, die auf Umweltfälle spezialisiert
       ist. Das Gericht von Ang'angxi in Qiqihar nahm den Fall allerdings erst
       acht Jahre später auf. Auf Grundlage der gesammelten Beweise von Wang Enlin
       wurde der Chemiekonzern schließlich zu 820.000 Yuan, umgerechnet 110.000
       Euro, Schadenersatz verurteilt.
       
       ## Wang Enlin will weiter klagen
       
       Das Urteil schlug in chinesischen Medien Wellen, weil Klagen gegen große
       Konzerne bisher noch selten Erfolg hatten. „Die meisten Leute haben wenig
       Zuversicht, eine Umweltklage einzureichen, besonders wenn die Beschuldigten
       große mächtige Firmen sind oder auch Behörden“, sagte Liu Jinmei, Anwalt am
       Zentrum zur Unterstützung von Opfern von Umweltschäden an der Pekinger
       Universität für Recht und Politik, der Zeitung Zhongguo Qingnianbao. „Sie
       glauben nicht, dass sie eine Chance haben.“ Doch Wang Enlin blieb
       hartnäckige und bekam viel Lob dafür. „Er hat sich selber das Recht
       beigebracht und gegen Anwälte gewonnen, die der Gegner in großen Städten
       angeworben hat“, kommentierte das Blatt.
       
       So bescheiden der Schadenersatz für die Kläger nach 16 Jahren auch aussehen
       mag, so symbolisch ist der Erfolg gegen den Chemiekonzern, der in den
       vergangenen zehn Jahren neben dem Dorf auch noch eine fünf Meter hohe Halde
       mit tonnenweise Chemieabfällen aufgetürmt hat. „Ich werde weiter gegen
       Qihua klagen“, sagte Bauer Wang Enlin. Vier weitere Fälle seien noch
       anhängig. Sie sammelten weiter Material, um den Kampf fortzusetzen. „Wir
       haben einen sehr langen Weg vor uns.“
       
       9 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Landwehr
       
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