# taz.de -- Nach der US-Präsidentschaftswahl: Option auswandern
       
       > Das Wahlergebnis führt tausende US-Bürger auf die Straße. Sie wollen
       > Trump nicht als Präsident. Einige informieren sich schon mal über ein
       > Leben anderswo.
       
 (IMG) Bild: Wollen diesen Präsidenten nicht: Demonstrant_innen vor dem Trump Tower in New York
       
       Washington/Wellington/New York ap/dpa/taz | Nach dem Überraschungssieg
       Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl laufen schon erste
       Vorbereitungen für die Machtübergabe. Amtsinhaber Barack Obama lud seinen
       designierten Nachfolger für den heutigen Donnerstag ins Weiße Haus ein.
       Dort soll Trumps Frau Melania auch mit First Lady Michelle Obama zusammen,
       wie das Weiße Haus mitteilte. Gegen den bevorstehenden Machtwechsel
       formierte sich indes im ganzen Land massiver Widerstand: Tausende gingen
       gegen Trumps Sieg auf die Straße.
       
       Proteste gab es vor allem in Metropolen entlang der traditionell
       demokratischen Ost- und Westküste sowie in Studentenstädten. Vielerorts
       skandierten die Menschen „Nicht mein Präsident“. Ein Hashtag der Parole
       wurde auf Twitter fast eine halbe Million Mal genutzt.
       
       In Chicago kamen am Mittwoch mehrere Tausend Protestler vor dem dortigen
       Trump Tower zusammen. Ein ähnlicher Protest zog im New Yorker Bezirk
       Manhattan tausende Menschen an. Zuletzt waren etwa 10.000 Demonstranten vor
       dem Gebäude. Sie riefen Parolen wie: „New York hates you“ und „Trump go
       away – racist, sexist, anti-Gay“. Um sie vom Trump Tower an der Fifth
       Avenue fernzuhalten, baute die Polizei Barrikaden vor dem Gebäude auf. Im
       Tower selbst ist ab und an die Silhouette einer neugierigen Person, die
       nach unten schaut, sichtbar.
       
       In Los Angeles blockierten hunderte Trump-Gegner eine der größten
       Autobahnen rund um die Stadt. Fast eine Stunde lang bewegten sie sich am
       Mittwochabend nicht von der Schnellstraße 101 herunter, es kam zu einem
       kilometerlangen Stau. Der Protest blieb friedlich, die Polizei nahm
       vereinzelte Demonstranten aber in Gewahrsam. Der Highway 101 verbindet in
       diesem Streckenabschnitt das Stadtzentrum von Los Angeles mit Hollywood.
       
       Zudem gingen in Washington, Boston, im texanischen Austin, Portland in
       Oregon sowie in weiteren kalifornischen Städten auf die Straße. Die
       Kundgebungen verliefen weitgehend friedlich, doch kam es vereinzelt zu
       Gewalt.
       
       ## Gehen oder nicht
       
       Einige US-Amerikaner informierten sich schon mal über
       Migrationsmöglichkeiten: Die Einwanderungsbehörde Neuseelands vermeldete
       ein massives Interesse von Auswanderwilligen aus den USA. Fast 25 mal so
       viele Amerikaner wie sonst hätten auf der Internet-Seite nach Informationen
       über Auswanderungsbedingungen gesucht, teilte die Behörde am Donnerstag
       mit.
       
       Normalerweise gebe es 2.300 Interessenten aus den USA pro Tag. Jetzt seien
       es Innerhalb von 24 Stunden mehr als 56.000 gewesen. Eine zweite Webseite,
       die über das Leben, Studiengänge und Investitionsmöglichkeiten in
       Neuseeland informiert, hätte statt der üblichen 1.500 mehr als 70.000
       Besucher aus den USA gehabt. Webseiten in Kanada und Australien erlebten
       ebenfalls hohe Nachfragen aus den USA. Im Fall von Kanada stürzten nach
       Medienberichten die Webseiten unter dem Ansturm sogar zeitweise ab.
       
       Trumps Ex-Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders ihm eine Zusammenarbeit
       zugunsten der US-Arbeiterklasse angeboten. Trump habe den Nerv einer
       verärgerten und abgestiegenen Mittelschicht getroffen. Wenn es dem
       designierten Präsidenten damit „ernst ist, eine Politik zu verfolgen, die
       das Leben von Arbeiterfamilien in diesem Land verbessert, dann sind ich und
       andere Progressive dazu bereit, mit ihm zusammenzuarbeiten.“ Doch sollte
       Trump „eine rassistische, sexistische, fremdenfeindlich und
       umweltfeindliche Politik verfolgen, werden wir uns ihm vehement
       widersetzen“, hieß es in einer Erklärung des unabhängigen Senators von
       Vermont.
       
       Trumps unterlegene Rivalin Hillary Clinton hatte ihre Anhänger am Mittwoch
       aufgefordert, [1][das Wahlergebnis zu akzeptieren]. Auch ihr Parteikollege,
       Präsident Barack Obama, gratulierte Trump und sagte: „Wir alle wollen das
       Beste für unser Land“.
       
       Trump, der Milliardär und politische Quereinsteiger, [2][hatte die Wahl
       überraschend klar gegen Clinton gewonnen], indem er Staaten wie
       Pennsylvania und Wisconsin für sich entschied, die seit den 1980ern nicht
       mehr für einen Republikaner gestimmt hatten. Auch in wichtigen Swing States
       wie Ohio und Florida blieb Trump erfolgreich und konnte sich so deutlich
       mehr als die nötigen 270 Wahlmännerstimmen sichern. Ein schwacher Trost für
       Clinton war, dass sie nach vorläufigen Ergebnissen landesweit insgesamt
       mehr Wählerstimmen erhielt als Trump.
       
       Bei seiner Siegesrede sagte auch er, es sei nun an der Zeit, dass sich das
       gespaltene Volk vereine. Er wolle Präsident „für alle Amerikaner“ sein,
       sagte er und fügte hinzu: „Ich verspreche, ich werde euch nicht im Stich
       lassen.“ Doch angesichts seiner oft hetzerischen Rhetorik werteten seine
       Kritiker im In- und Ausland diese Worte nur als Fassade.
       
       ## Republikanisch dominierter Kongress
       
       Innenpolitisch kann der künftige Präsident auf einen republikanisch
       dominierten Kongress setzen. Seine Partei hielt sowohl im Senat als auch im
       Repräsentantenhaus ihre Mehrheit, womit er Gesetzesvorhaben wohl ohne große
       Gegenwehr umsetzen könnte.
       
       Außenpolitisch hat Trump weitreichende Änderungen angekündigt. Unter
       anderem will er eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko bauen und die
       Einwanderung aus Staaten mit Verbindungen zum Terrorismus aussetzen.
       
       72 Tage vor seiner Vereidigung trafen Trump und sein Team schon am Mittwoch
       erste Vorkehrungen: Bei geheimen Treffen berieten sie über die
       Schlüsselposten im neuen Kabinett, etwa Äußeres, Verteidigung,
       Heimatschutz, Handel und Finanzen.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte Trump, seine politischen
       Entscheidungen nun mit Bedacht zu fällen. „Wer dieses große Land regiert,
       mit seiner gewaltigen wirtschaftlichen Stärke, seinem militärischen
       Potenzial, seiner kulturellen Prägekraft, der trägt Verantwortung, die
       beinahe überall auf der Welt zu spüren ist“, sagte sie.
       
       10 Nov 2016
       
       ## LINKS
       
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