# taz.de -- Computerspiel Battlefield 1: Im Shooter was Neues
       
       > Viele Ego-Shooter spielen im Zweiten Weltkrieg, der Erste findet in den
       > Games nur selten statt. Battlefield 1 aber setzt auf Pferde und
       > Bajonette.
       
 (IMG) Bild: Britische Soldaten auf dem Weg an die Front
       
       Ich knie im Schützengraben und warte. Wenige Meter vor mir ein kleiner
       Felsen. Dahinter lugt ein Kopf hervor. Hätte ich noch Munition, würde ich
       auf ihn schießen. Stattdessen muss ich warten. Einen kurzen Moment später
       läuft mein Gegner los, er scheint mich nicht zu sehen. Das ist der
       Augenblick, auf den ich gewartet habe. Ich stürme aus dem Graben, in den
       Händen mein Gewehr, vorne am Lauf das Bajonett. Doch der Feind entdeckt
       mich, dreht sich mir zu und drückt ab. Ich bin tot. Mein Angriff ging voll
       in die Hose.
       
       Eine Szene aus Battlefield 1 – einem neuen Ego-Shooter der beliebten
       Battlefield-Reihe, der am 21. Oktober erscheint. Um das Spiel von seinen
       Vorgängern abzuheben, haben sich das schwedische Entwicklerstudio DICE und
       der US-amerikanische Publisher Electronic Arts für ein ungewöhnliches
       Setting entschieden: Battlefield 1 spielt im Ersten Weltkrieg.
       
       Seit 1981 seien etwa 2.300 Historienspiele auf den Markt gekommen, erklärt
       Angela Schwarz, [1][Historikerin an der Universität Siegen]. Sie untersucht
       die Darstellung von Geschichte in Computerspielen. Über ein Viertel der
       Games mit historischem Hintergrund nutzen als Kulisse den Zweiten
       Weltkrieg, nur etwa 3 Prozent – vor allem in den Genres Fahrzeugsimulation
       und Strategie – den Ersten, so Schwarz.
       
       Dass es so viele Spiele zum Zweiten Weltkrieg gibt, hängt laut der
       Historikerin unter anderen damit zusammen, dass US-Unternehmen lange Zeit
       die Produktion dominierten. Die Vereinigten Staaten waren am Zweiten
       Weltkrieg über viele Jahre beteiligt. „Der Erste Weltkrieg war für sie
       hingegen eine kurze Angelegenheit“, so Schwarz. Auch in anderen Ländern
       präge der Zweite Weltkrieg die Populär- und Erinnerungskultur besonders
       stark. Außerdem biete er als Bewegungskrieg mit mehreren Fronten
       abwechslungsreiche Szenarien für Computerspiele. Die Grabenkämpfe des
       Ersten Weltkrieges zu simulieren erscheint vielen Entwickler_innen hingegen
       nicht besonders reizvoll.
       
       ## Die Frage der Kriegsschuld
       
       Ein weiterer Unterschied in der heutigen Wahrnehmung beider Kriege zeigt
       sich im Hinblick auf die Bewertung der damaligen Akteure. Vielen Games zum
       Zweiten Weltkrieg liegt ein klares Gut-Böse-Schema zugrunde. Es geht um
       wenig komplexe, aber ruhmreiche Heldengeschichten. In World-War-II-Shootern
       schlüpfen Spieler_innen häufig in die Rolle tapferer Soldaten der
       Alliierten, erschießen Nazis und retten die Welt.
       
       Beim Ersten Weltkrieg ist die Schuldfrage hingegen nicht endgültig geklärt.
       Zwar wurden im Versailler Vertrag das Deutsche Reich und seine Verbündeten
       für den Ausbruch des Krieges verantwortlich gemacht, doch heute beantworten
       viele Historiker_innen die Frage der Kriegsschuld differenzierter. Angela
       Schwarz erklärt: „Verantwortung für den Ausbruch des Krieges tragen alle
       europäischen Mächte, allerdings in unterschiedlichem Maße.“
       
       Trotz dieser komplexeren Ausgangssituation hat sich das Studio DICE für den
       Ersten Weltkrieg als Setting entschieden. In Battlefield 1 treten wie in
       den Vorgängertiteln bis zu 64 Spieler_innen online gegeneinander an. Man
       erobert gegnerische Stützpunkte, verteidigt Areale, schießt auf Feinde,
       reanimiert Freunde oder sprengt Fahrzeuge. Die Spieler_innen können eine
       Vielzahl an Feuerwaffen – vom Sturmgewehr bis zur Pistole – einsetzen.
       
       ## Eine Chance, den Ersten Weltkrieg bekannter zu machen
       
       Außerdem gibt es Bajonette, Gasgranaten, Panzer, Jagdflugzeuge und – für
       einen Ego-Shooter äußerst ungewöhnlich – Pferde. Als osmanischer Reiter
       kann man Säbel schwingend die feindliche Linie durchbrechen. Neben den
       Truppen des Osmanischen Reiches können sich die Spieler_innen den Armeen
       weiterer Kriegsparteien anschließen. Zu diesen zählen beispielsweise das
       Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Großbritannien oder die USA, aber
       überraschenderweise nicht das Russische Zarenreich. Schauplätze der
       Online-Schlachten sind unter anderem die französische Stadt Amiens, die
       Argonnen und die Wüste Sinai.
       
       Nicht alle Spieler_innen sind von diesem Setting begeistert. Ein unter
       seinem Nickname Fabu bekannter Kolumnist [2][schreibt auf wired.de], es sei
       respektlos, einen echten Krieg auf „cineastisches Geballer zu reduzieren“.
       Battlefield 1 stülpe eine „verkaufsfördernde Schießbude über die Tragödie“.
       
       „Natürlich findet im Spiel eine verzerrte Darstellung statt“, erklärt
       Torben Kohring, Leiter der [3][Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW]. Man
       dürfe der Zielgruppe von Battlefield – älteren Jugendlichen und Erwachsenen
       – aber durchaus zutrauen, das Spielgeschehen einzuordnen. Das findet auch
       Daniel Feith, Social Media Manager bei der Zeitschrift GameStar. Er hat in
       [4][einer Kolumne] die Wahl des Ersten Weltkriegs als Battlefield-Szenario
       befürwortet. Gegenüber der taz sagt Feith, er betrachte die Entscheidung
       als Chance, den Ersten Weltkrieg unter Spieler_innen bekannter zu machen.
       
       ## Die Sinnlosigkeit des Krieges
       
       Was man nicht erwarten solle, sei jedoch eine authentische Abbildung des
       Krieges. „Selbst wenn ich im Spiel einen mit Leichen gefüllte
       Granattrichter sehe, weiß ich doch nicht, wie es tatsächlich ist, diesen
       Anblick zu erleben“, so der Social Media Manager. Feith fände es dennoch
       gut, wenn ein Spiel denselben Effekt haben könnte, wie die Lektüre von „Im
       Westen nichts Neues“.
       
       Auch Kohring wünscht sich mehr Games, die das blanke Entsetzen und die
       Sinnlosigkeit des Krieges thematisieren. „Man kann das natürlich nicht
       alles in einem Spiel darstellen“, meint der Pädagoge. „Aber man kann es
       versuchen.“ Auch dann, wenn es den Verkaufszahlen schade.
       
       9 Oct 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.uni-siegen.de/phil/geschichte/mitarbeiter/schwarz/
 (DIR) [2] https://www.wired.de/collection/life/battlefield-1-macht-das-grauen-des-ersten-weltkriegs-zur-schiessbude
 (DIR) [3] http://jugendmedienkultur-nrw.de/
 (DIR) [4] http://www.gamestar.de/spiele/battlefield-1/artikel/kolumne_zu_battlefield_1,53468,3272237.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Moritz Clauss
       
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