# taz.de -- Trauriges Ende des Transrapid: Die rasende Gartenlaube
       
       > Zehn Jahre nach dem schweren Unfall im Emsland beginnt das letzte Kapitel
       > des Transrapid: Die Trasse wird abgerissen und der letzte erhaltene Zug
       > versteigert
       
 (IMG) Bild: Ein Irrweg deutscher Ingenieurskunst: ein Transrapid am Betriebsbahnhof Lathen auf der emsländischen Versuchsstrecke
       
       LATHEN taz | Vielleicht endet er als Gartenlaube. Oder als
       Flüchtlingsunterkunft. Das Ende des Transrapids, der einst als eine der
       größten technologischen Innovationen Deutschlands gepriesen wurde, wird
       wenig glanzvoll sein. Ende Oktober versteigert die Verwertungsgesellschaft
       des Bundes (Vebeg) das letzte noch erhaltene Fahrzeug, das im
       Betriebsbahnhof im emsländischen Lathen vor sich hin gammelt. „Seine
       Verwendung in einem internationalen Magnetbahnprojekt kann ausgeschlossen
       werden“, begründet ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums auf
       taz-Anfrage die Verkaufsabsicht. „Auch zur Erfüllung von Aufgaben des
       Bundes wird das Fahrzeug in absehbarer Zeit nicht benötigt.“
       
       Drei zusammenhängende Zugelemente, neun Jahre alt, wenig gefahren, knappe
       76 Meter lang und 3,70 Meter breit mit Platz für 449 sitzende Gäste werden
       ausgelobt, auch „eine Verladehilfe gegen Kostenerstattung“ ist möglich.
       Aber nicht einmal ein Mindestgebot verlangt die Vebeg, dort ist man froh,
       wenn sich überhaupt ein ernsthafter Interessent finden sollte: Ein
       Vorzeigeprojekt deutschen Ingenieursgeistes wird verramscht.
       
       Vor zehn Jahren, am 22. September 2006, war auf der 31,8 Kilometer langen
       Teststrecke im Emsland (siehe Kasten) ein Transrapid auf einen
       Werkstattwagen geprallt. 23 Menschen starben, elf wurden schwer verletzt.
       Der Traum von einem besonders schnellen und besonders sicheren
       Verkehrsmittel der Zukunft war zu Ende. Bereits sechs Jahre zuvor hatte die
       rot-grüne Bundesregierung die Notbremse gezogen, weil die Kosten für die
       geplante Strecke zwischen Hamburg und Berlin explodierten.
       
       Bis dahin hatte CDU-Wendekanzler Helmut Kohl dieses Prestigeprojekt der
       deutschen Wiedervereinigung um jeden Preis realisieren wollen. Von 4,5
       Milliarden Euro im Jahr 1993 stiegen die veranschlagten Kosten für die
       Strecke bis zum Ende des Jahrtausends auf 7,5 Milliarden Euro, unabhängige
       Gutachter hielten sogar zehn Milliarden für möglich. Dennoch ließ Kohl
       nicht von seinem Traum ab, die neuartige Magnetschwebebahn auf einer
       eigenen Stelzentrasse in 60 Minuten zwischen den beiden größten deutschen
       Städten pendeln zu lassen.
       
       Als die neue rot-grüne Bundesregierung auf Druck der Grünen beschloss, die
       öffentlichen Mittel für Streckenbau und Technologie-Entwicklung bei etwa
       2,5 Milliarden Euro zu deckeln, war das Schicksal des Transrapids
       entschieden. Die Herstellerfirmen Thyssen und Siemens stiegen umgehend aus
       dem Projekt aus, weil es ohne staatliche Subventionen nicht zu finanzieren
       war.
       
       Binnen vier Jahren baute daraufhin die Deutsche Bahn für lediglich 650
       Millionen Euro eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hamburg und
       Berlin. Seit dem 12. Dezember 2004 verkehren dort ICEs mit bis zu 230
       Stundenkilomentern in 90 bis 100 Minuten. In den Transrapid, der diese
       knapp 300 Kilometer lange Strecke in einer Stunde hätte bewältigen sollen,
       waren mehr als 1,5 Milliarden Euro Steuergelder geflossen – für nichts.
       
       Zum Einsatz kommt der Transrapid lediglich staatlich subventioniert, als
       Flughafen-Shuttle im chinesischen Schanghai. Die Strecke im Emsland wurde
       mit Unterbrechungen noch bis 2011 zu Testzwecken genutzt. Zwist indes gibt
       es aktuell um ihren Abriss. Den soll der Betreiber, die
       Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG) aus München vornehmen, der
       Bund will dafür 40 Millionen Euro bereitstellen, wie das
       Verkehrsministerium auf Anfrage mitteilte.
       
       Zurzeit streiten sich beide Parteien vor dem Oberverwaltungsgericht
       Berlin-Brandenburg. Denn die IABG will den Millionenerlös aus dem Recycling
       von etwa 480 Tonnen Kupfer, 383 Tonnen Aluminium und mehreren zehntausend
       Tonnen Stahlschrott behalten und nicht mit dem Bund verrechnen. Zudem ist
       strittig, ob nur oberirdisch abgebaut werden soll oder die gesamten
       Betonträger, die bis zu 16 Meter tief im emsländischen Moorboden stecken,
       entfernt werden müssen. Wann ein Urteil verkündet wird, ist noch offen.
       
       19 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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