# taz.de -- Magnetbahn: Die Vision vom Transrapid
       
       > Die Fristverlängerung für die Transrapid-Teststrecke war Wahlkampfhilfe
       > für den Landkreis Emsland und die dort regierende CDU. Die räumt ein: Ein
       > Weiterbetrieb wird schwierig .
       
 (IMG) Bild: Wahlkampfhilfe für den Landkreis Emsland: Der Transrapid.
       
       Ende Oktober reist Niedersachsens smarter Wirtschaftsminister Philipp
       Rösler (FDP) flankiert von Industrielenkern nach Südafrika. Auf dem
       Programm steht unter anderem eine "Kooperationsbörse mit südafrikanischen
       Unternehmern". Das Wort Transrapid wird er dort kaum in den Mund nehmen.
       Die Landesregierung hat die Gnadenfrist der unverkäuflichen Magnetbahn zwar
       gerade mit 600.000 Euro verlängert, aber das Steuergeld ist nicht mehr als
       eine Wahlkampfspritze für den CDU-regierten Landkreis Emsland, wo die
       Teststrecke fünfzig Arbeitsplätze sichert. Nach dem Urnengang, davon gehen
       selbst die Betreiber aus, ist Schluss.
       
       Im Februar 2009 war der Rundkurs nahe der 10.000-Seelen-Gemeinde Lathen
       schon so gut wie tot. Auf Anfrage der Grünen teilte die Bundesregierung
       mit, dass von einer Stilllegung der Versuchsanlage im Laufe des Jahres
       auszugehen sei. Dann kündigten im Juni überraschenderweise Landkreis, Land,
       Bund und Industrie den Weiterbetrieb der Strecke an. Für ganze elf Monate,
       bis April 2010. Wie es offiziell heißt, um einen neuen und preiswerteren
       Fahrbahnträger des Pfälzer Bauriesen Max Bögl zu erproben. Das verwundert.
       Auf Anfrage der taz sagte ein Bögl-Sprecher gestern, bis die
       "Praxistauglichkeit" eines solchen Systems ermittelt ist, "dauert es
       Jahre".
       
       All dies weiß wohl auch Rösler, der weiterhin tapfer, aber sprachlich
       verdächtig ungelenk von Kaufinteressenten "aus dem Bereich Brasilien"
       spricht. Auf die dubiose Finanzspritze angesprochen und um etwas konkretere
       Angaben gebeten, verweist sein Ministerium auf die Transrapid International
       GmbH & Co. Hier hat sich das letzte Häuflein der Magnetbahn-Euphoriker
       versammelt. Neben Bögl Thyssen-Krupp, die
       Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG) und Siemens. Wer die Homepage
       anklickt, stößt auf ein halbes Dutzend Großprojekte, an denen das
       Konsortium in England, Holland, USA und in den Golfstaaten projektiert. Bei
       näherem Hinsehen ist allerdings keines über das Stadium des Visionären
       hinausgekommen. In der Münchner Siemens-Zentrale bekennt die
       Presseabteilung dann auch, dass man für den Absatz des Zuges "derzeit nur
       begrenzte Realisierungschancen" sieht.
       
       Der CDU-Landtagsabgeordnete Ernst-August Hoppenbrock nennt die
       desillusionierende Bilanz dennoch "ein Erfolgsmodell" und rechtfertigt die
       600.000 Euro aus der Landeskasse mit dem längst von der Realität
       widerlegten Argument, dass "man nichts unversucht lassen dürfe, um den
       Transrapid zu vermarkten". Danken würde ihm das Mirakel nur der Bund der
       Steuerzahler, immerhin hat der Transrapid bisher 1,4 Milliarden staatliche
       Subventionen verschlungen. Für die Fristverlängerung machten Bund, Land und
       Betreiber nun nochmals 5,4 Millionen locker.
       
       Wer wissen will, woher der Wind weht, muss ins strukturschwache Emsland
       fahren. Dort werden Fakten dieser Art gewohnheitsmäßig ignoriert. Vor allem
       vor Wahlen. Die regionale CDU in Gestalt der Bundestagsabgeordneten Gitta
       Connemann ging in der Parteizentrale mit dem Argument hausieren, durch das
       Ende der Teststrecke würden "die mit Händen zu greifenden Chancen für die
       Zukunft zerschlagen". Auch Landrat und Parteifreund Hermann Bröring war
       Minister Rösler weit voraus. Als die Schließung drohte, hatte er plötzlich
       jede Menge Transrapidkäufer längs der Achse "Schweiz, Iran, Korea"
       ausgemacht und Kanzlerin Merkel auf seiner Seite, die ihm den Unsinn
       angeblich glaubte.
       
       Nachdem nun der kurzfristige Weiterbetrieb der Teststrecke gesichert ist,
       räumt Bröring kleinlaut ein, "dass der Transrapid nur dann eine Zukunft
       hat, wenn das Konsortium bis zum Sommer 2010 belastbare Ergebnisse
       präsentieren kann". Das dürfte schwierig werden. Für den Ernstfall hat der
       Landrat aber schon ein anderes Verkehrsfeld entdeckt: Bröring will Schülern
       Geld bezahlen, wenn sie nicht mit Bus oder Bahn zur Schule fahren, sondern
       aufs Fahrrad umsteigen. Das hört sich immerhin realistisch an.
       
       21 Aug 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Quasthoff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Verkehrspolitik
 (DIR) Emsland
       
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