# taz.de -- Die Wahrheit: Schotten ohne Eier
       
       > Mandy McKinley hatte sich ihre Leibspeise gekauft, ein schottisches Ei.
       > Zu Hause stellte sie entsetzt fest, dass es gar kein Ei enthielt.
       
       Es gebe Schlimmeres, als in einen Apfel zu beißen und einen Wurm darin zu
       finden, pflegte meine Großmutter zu sagen – nämlich in einen Apfel zu
       beißen, und einen halben Wurm darin zu finden.
       
       Noch Schlimmeres geschah einer Mandy McKinley aus Nord-Wales. Sie hatte
       sich im Tesco-Supermarkt ihre Leibspeise gekauft, ein schottisches Ei. Das
       ist ein Snack, der aus einem hartgekochten Ei besteht, das mit Wurstmasse
       umhüllt, paniert und dann frittiert wird. Man isst es aber erst, wenn es
       kalt ist. Angeblich wurde das Gericht 1738 von der Firma Fortnum & Mason in
       London erfunden, aber die hat es offenbar aus der Mughlai-Küche des
       mittelalterlichen Indien abgekupfert.
       
       Natürlich gibt es auch einen Wettbewerb um das Scotch Egg des Jahres, weil
       es in England für jeden Furz einen Wettstreit gibt. Wer ihn aber gewonnen
       hat, bleibt rätselhaft. Klickt man den Link der Wettbewerbsorganisation an,
       landet man auf einer Webseite mit chinesischen Schriftzeichen und einer
       barbusigen Chinesin. Hängt das mit dem Besuch der britischen
       Premierministerin Theresa May beim G-20-Gipfel in China zusammen? Hat sie
       den Gastgebern ein Scotch Egg geschenkt?
       
       Eine vegetarische Variante gibt es auch. Dabei wird das Ei von einer Paste
       aus Polenta, Linsen, Haferflocken und geriebenen Karotten umhüllt. Was für
       ein Schwachsinn. Warum können sich die Vegetarier keine eigenen Gerichte
       ausdenken? Warum verhunzen sie Fleischgerichte, indem sie das Fleisch durch
       irgendwas ersetzen? Es gibt Schweinepasteten ohne Schwein, Hühnerbrüste aus
       Soja und Tofu-Gulasch. Bah.
       
       Doch zurück zur karnivoren Mandy McKinley. Zu Hause angekommen, biss sie in
       ihr schottisches Ei und stellte entsetzt fest, dass es gar kein Ei
       enthielt. Eine Rache der Schotten nach dem Brexit, als Vorgeschmack auf den
       schottischen Austritt aus dem Vereinigten Königreich? Oder war es ein
       Scotch Easter Egg, das jemand ausgeblasen hatte? Als Sie eine Beschwerde an
       Tesco schrieb, ahnte sie nicht, dass ihr Steven, der Shakespeare der
       Kundenbetreuung, antworten würde.
       
       „O Ei, Ei, wofür bist du Ei? Verleugne dein Paniermehl und verweigere dein
       Wurstbrät“, schrieb er. „Oder wenn du nicht willst, sei meiner Liebe
       abgeschworen, und ich werde fürderhin kein Scotch-Egg-Esser sein. Soll ich
       mehr hören, oder soll ich so sprechen? Es ist nicht der Snack, der dein
       Feind ist. Du bist es dir selbst.“ Er entschuldigte sich für das fehlende
       Ei – „was für ein widernatürliches Verbrechen!“ – und schloss mit der
       berühmten Hamlet-Rede.
       
       Dabei hat McKinley eigentlich Glück gehabt. Ich hatte als Student einen
       Aushilfsjob in einer Bäckerei. Die Backstube war im Keller, und es trieb
       sich dort allerlei Getier herum – zum Beispiel Ohrenkneifer, die an den
       Wänden hoch krabbelten. Der Geselle, der dem Alkohol sehr zugetan war, warf
       manchmal mit einer Rumkugel nach einem Tier, kratzte das Zeug von der Wand
       und formte wieder eine Kugel daraus. Ob jemand einen halben Ohrenkneifer in
       einer Rumkugel gefunden hat?
       
       12 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Eier
 (DIR) Schottland
 (DIR) Fleisch
 (DIR) Flughafen
 (DIR) Irland
 (DIR) Irland
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) England
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Weiche Hände, weiche Birne
       
       Als notorischer Flughafenzuspätkommer ist es nicht von Vorteil, es mal
       anders zu machen. Das kann zu unvorhersehbaren Ereignissen führen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Wer den Cent nicht ehrt …
       
       Kleingeld ist was für kleinliche Menschen – sehr gut zu beobachten an
       deutschen Touristen in Irland.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Seit Jahrzehnten scheinfrei
       
       Ein Deutscher fährt 28 Jahre lang ohne Lappen. In Irland, wo Fahrstunden
       und Theorie nicht vorgeschrieben sind, macht er seinen Führerschein.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Eine Brille für rechteckige Hintern
       
       Wenn Großbritannien weiter soviel Schrott produziert, kommt der
       Total-Brexit ohne jegliches Zutun.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Katzen, Hamster, Hunde, Briten
       
       Rund um die Downing Street ist so einiges auf vier Pfoten unterwegs – in
       offizieller und amtlicher Funktion für die britische Regierung.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die fluchende Richterin
       
       Wenn der Kadi zur Fäkalsprache greift, sind die sozialen Medien gleichmal
       stante pede begeistert.