# taz.de -- Flexibles Hydrogel-Touchpad: Klimpern auf dem Unterarm
       
       > Flexibel und dehnbar wie Körpergewebe: Ein neu entwickeltes Touchpad
       > kommt einer Schnittschnelle von Mensch und Maschine immer näher.
       
 (IMG) Bild: Die Tasten muss bald niemand mehr anfassen: Dank Hydrogelen lässt sich auf dem Unterarm musizieren
       
       Da hätte Jane Taylor aber gestaunt: Die Urheberin des bekanntesten
       englischen Wiegenlieds konnte vor rund zweihundert Jahren wohlweißlich
       nicht ahnen, dass sich ihre Melodie „Twinkle, Twinkle, Little Star“ eines
       Tages perfekt zum Klavierspielen eignet – auf dem Unterarm.
       
       [1][Ein neues Video] auf der Website des Wissenschaftsmagazins Science
       zeigt, wie aus einem ganz normalen menschlichen Arm eine durchaus passable
       Klaviatur wird. Das Wundermittel dafür besteht aus einem mit
       Lithiumchlorid-Salz versetztem Polyacrylamid-Hydrogel, das Wissenschaftler
       an der National-Universität in Seoul, Südkorea, zu einer neuen Art von
       Touchpad entwickelt haben. Nach berührungssensiblen, aber
       widerstandsfähigen Lösungen für iPhone, Computer oder Fahrkartenschalter
       ist dieser Typ von Touchpad hochflexibel und zudem transparent. Erklärtes
       Ziel ist die Einbindung in den menschlichen Körper.
       
       Die bisherigen, auf leitenden Polymeren, Kohlenstoffröhrchen, Graphenen
       oder Nanodrähten basierenden, flexiblen Touchpads nahmen nach wiederholtem
       Dehnen im Schichtwiderstand ab, oftmals kam es zu Materialermüdung. Zudem
       lässt sich über ihre Bioverträglichkeit streiten.
       
       Eine Alternative fanden Forscher nun bei den Hydrogelen. Der Clou: Dank
       ihres hydrophilen Polymernetzwerks, aufgequollen mit einer großen Menge an
       Wasser, sind Hydrogele weich wie menschliches Gewebe und elastisch.
       Aufgrund ihres hohen Wasseranteils können die Gele gut mit Salzen wie
       Lithiumchlorid versetzt werden. Die Ionen machen das Gel zu einen
       elektrischen Leiter. Wird das Panel an jeder Ecke mit Spannung versehen,
       resultiert ein einheitlich elektrostatisches Feld.
       
       Berührt ein Finger dann die Oberfläche, stört es das elektrische Feld.
       Sensoren in jeder Ecke des Panels registrieren diese Veränderung. Diese
       Daten können dazu genutzt werden, um den Fingerabdruck auf der Oberfläche
       zu lokalisieren. Bei gleichbleibender Berührungssensibilität lässt sich das
       Touchpad zudem ohne elektronische Einbußen bis zu zehn Mal spannen. Um den
       Arm gebunden wird es mithilfe der Android-App „perfect piano“ zu einer
       Klaviatur auf dem Unterarm.
       
       ## Eigenschaften wie menschliche Haut
       
       Doch die neue Technologie birgt nicht nur für hippe, technikbegeisterte
       Gamer oder Klavierspieler auf Abwegen neue Möglichkeiten. Wichtig kann auch
       ihre Verwendung in der medizinischen Industrie werden. Elektronik, die in
       und auf unseren Körpern verwendet werden kann, birgt enormes
       Entwicklungspotenzial. Da viele Hydrogele biologisch verträglich sind,
       wurden sie bereits in der Wundheilung als Auflage, als direkte
       Arzneimittelabgabe im Körper und als Gewebeersatz verwendet.
       
       Das eigentliche Ziel ist aber die Entwicklung einer Schnittstelle zwischen
       Mensch und Maschine. Touchpanels, die sich dehnen lassen und eine hohe
       Bioverträglichkeit aufweisen, sieht der südkoreanische Science-Autor
       Chong-Chang Kim als Möglichkeit, biologische Daten vom menschlichen Körper
       zu erhalten: „Um dieses Ziel zu erreichen, benötigt die Schnittstelle
       Eigenschaften wie ein Körpergewebe oder Haut.“ Die weichen, flexiblen und
       dehnbaren Hydrogele kämen dem menschlichen Gewebe und der Haut nahe, meint
       Kim. Also gutes Material, das sich schadfrei in den menschlichen Körper
       einbinden lässt und dabei anpassungsfähig ist.
       
       Noch ist dieses neue Technologiefeld nicht ausreichend erforscht, es wirft
       Fragen zur Haltbarkeit über einen längeren Zeitraum hinweg auf. Bisher
       konnten Forscher aber auf epidermischen Touchpads Wörter schreiben, Games
       spielen und ein altbekanntes, englisches Wiegenlied auf der „hauteigenen
       Klaviatur“ klimpern. Bis zum Einsatz als neue Schnittstelle zwischen Mensch
       und Computer ist jedoch noch eine Menge an Entwicklungsarbeit notwendig.
       
       26 Aug 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sciencemag.org/news/2016/08/video-stretchy-touchpad-allows-you-play-piano-your-arm
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Kirchner
       
       ## TAGS
       
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