# taz.de -- Gentech-Kritiker zu Handelsvertrag Ceta: „Klonfleisch-Verbot wäre unmöglich“
       
       > Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada ist eine Gefahr für
       > Verbraucherrechte, sagt Anti-Gentechnik-Aktivist Christoph Then.
       
 (IMG) Bild: Wurde dieses Fleisch mit Gentechnik-Futter erzeugt? Mit Ceta dürfte die EU keine Kennzeichnung beschließen, warnt Christoph Then
       
       taz: Herr Then, muss die Europäische Union ihre vergleichsweise
       strengen Vorschriften zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln
       aufgeben, falls Ceta, das Freihandelsabkommen mit Kanada, in Kraft
       tritt? 
       
       Christoph Then: Ich glaube nicht, dass die EU jetzt ihre bestehenden
       Gesetze ändert. Gentechnisch veränderte Lebensmittel, die schon
       auf dem Markt sind, werden wohl weiter gekennzeichnet müssen. Aber
       mit Ceta würde es schwierig, Gesetze weiterzuentwickeln. Ein
       Beispiel sind Vorschriften über Produkte von Nachfahren geklonter
       Tiere. Das EU-Parlament und der Bundestag wollen ein Verbot oder
       wenigstens eine Kennzeichnung, obwohl bei Fleisch von
       Klon-Nachfahren nicht unbedingt ein Risiko für Verbraucher
       anzunehmen ist. Diese Art von Gesetzgebung für Transparenz wird es
       mit Ceta nicht geben. Das sagt auch der Wissenschaftliche Dienst des
       Bundestags.
       
       Welche Bereiche wären noch betroffen? 
       
       Machbar wäre auch nicht mehr das Vorhaben der Bundesregierung,
       Fleisch, Milch und Eier von Tieren zu kennzeichnen, die mit Gentechnik
       gefüttert wurden. Außerdem gibt der Ceta-Vertrag eine Richtung vor,
       Produkte neuer Gentechnikverfahren wie Crispr/Cas in Europa nicht
       zu regulieren.
       
       Wo steht das in Ceta? 
       
       Das steht da nirgendwo drin. Aber es steht eben auch nicht drin, dass die
       EU solche Gesetze erlassen darf. Und das hätte sie reinschreiben
       lassen müssen, wenn Transparenz und Vorsorgeprinzip in solchen
       Bereichen auch in Zukunft möglich sein sollen. Bisher haben die
       Verbraucher in der EU ein Informationsrecht darüber, ob
       Gentechnik eingesetzt worden ist, auch wenn nicht unmittelbar ein
       Risiko besteht. Das Vorsorgeprinzip erlaubt Einschränkungen von
       Produkten, selbst wenn sich Gefahren noch nicht hundertprozentig
       nachweisen lassen.
       
       Die EU-Kommission sagt ausdrücklich: Ceta beschneidet nicht das
       Recht der Europäer, neue Gesetze für Umwelt und Gesundheit zu
       erlassen. Lügt sie? 
       
       Auch die Kommission kann nicht sagen, wie sich Ceta in 10 Jahren
       auswirken wird. In dem Vertrag steht, dass Kanada und die EU bei
       Regulierungsfragen stärker zusammenarbeiten und sich darüber
       austauschen sollen. Dafür setzt dieses Abkommen Schwerpunkte, die
       Kennzeichnungen nur vorsehen, wenn eine Gefahr schon bekannt ist.
       
       Die Themen des Austauschs zwischen Kanada und der EU über
       Regulierungsfragen sind sehr allgemein formuliert, zum Beispiel:
       „jede neue Gesetzgebung auf dem Feld der Biotechnologie“. Schließt
       das wirklich aus, dass die Europäer weiter ihr Vorsorgeprinzip
       anwenden? 
       
       In der EU ist im Moment das Vorsorgeprinzip sehr stark. Das steht in
       der Basisrichtlinie zur Lebensmittelsicherheit und auch in der
       Freisetzungsrichtlinie für Gentechnik. Das muss ich dann auch in
       den Ceta-Vertrag reinschreiben, wenn das so bleiben soll. Kanada hat
       ja festhalten lassen, dass ganze Bereiche nicht von der
       Zusammenarbeit erfasst werden, zum Beispiel die
       Wasserversorgung. Dass Transparenz für Verbraucher und
       Vorsorgeprinzip dagegen nicht in Ceta stehen, ist eine
       Weichenstellung.
       
       Die Kommission argumentiert: Das Forum für Regulierungsfragen
       darf nur beraten und nichts entscheiden. Stimmt das? 
       
       Ja. Aber wenn ich ein neues Gesetz machen will, muss ich es erst dem
       Forum vorlegen. Wenn das Forum sagt: „Das widerspricht dem Vertrag“,
       dann wird der Bundestag es auch nicht beschließen. Und falls doch,
       haben die Firmen, die klagen wollen, eine Steilvorlage, weil sie
       schon von Beratungsgremien gehört haben, dass es dem Ceta-Vertrag
       widerspricht. Diese regulatorischen Fragen werden vermutlich von
       der Industrie sehr intensiv bearbeitet werden. Wahrscheinlich
       sind da auch überall Industrievertreter als Beobachter oder
       Teilnehmer vorgesehen. Die Nichtregierungsorganisationen und
       viele Mitgliedsländer haben keine Ressourcen, das ähnlich intensiv
       zu verfolgen. Es gibt ja schon jetzt etliche Gremien in der EU, in
       denen die Industrie ein deutliches Übergewicht hat.
       
       Dürfte das Forum überhaupt sagen, eine Politik nach dem
       Vorsorgeprinzip widerspreche Ceta? Aus welcher Klausel des
       Vertrags geht das hervor? 
       
       Das Forum würde einfach sagen: Es lässt sich zum Beispiel beim
       geklonten Fleisch kein Risiko nachweisen. Deswegen ist die
       Kennzeichnung ein unnötiges Handelshemmnis. Und im Vertrag steht
       ja, dass man solche Handelshemmnisse abbauen muss.
       
       15 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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