# taz.de -- Kommentar Schweinsteiger-Rücktritt: Schweini voraus
       
       > Ohne glanzvollen Schlusspunkt geht der Kapitän von Bord – das wurde auch
       > Zeit. Und Lukas Podolski sollte sich daran ein Vorbild nehmen.
       
 (IMG) Bild: Abgang nach der Niederlage im EM-Halbfinale gegen Frankreich
       
       Er hatte noch einmal seinen Moment. Im Vorrundenspiel gegen die Ukraine
       wurde der Mann mit den grauen Schläfen kurz vor Schluss eingewechselt,
       setzte zu einem letzten, kräfteraubenden Sprint an und machte das
       entscheidende Tor durch ein technisch perfekten Halbvolley zum 2:0.
       
       Aber das war es dann auch mit Schweini. Die EM wäre im Wesentlichen auch
       ohne ihn gelaufen, vielleicht sogar besser. Nach dem Kampfspiel gegen
       Angstgegner Italien, in dem er eine ansprechende Leistung zeigte, aber auch
       einen zum Glück nicht entscheidenden Elfmeter versenste, durfte er im
       Halbfinale gegen Frankreich noch einmal in der Startelf stehen: Wie das
       ausgegangen ist, hat man lieber schnell vergessen und dem verdienten
       Kapitän auch gerade noch so verziehen: Ohne sein elfmeterwürdiges Handspiel
       kurz vor der Pause wäre das Spiel wohl ganz anders ausgegangen. So aber
       ging das Aus auch auf sein Konto.
       
       Der glanzvolle Schlusspunkt blieb Schweinsteiger also versagt – aber die
       Weltmeisterschaft in Brasilien, die wird ihm niemand mehr nehmen. Das
       Finale von Maracanã war auch sein Spiel. Dass ihn danach niemand
       „Kampfschweini“ getauft hat, sagt auch viel über den Respekt, den der jetzt
       31-Jährige fußballnational genießen durfte.
       
       Sein Abschied kam auf Raten. Verletzungsanfällig und jenseits des
       Leistungszenits war er schon nach der WM, was man in München auch rasch
       erkannt hat. In Manchester, wo er noch einmal unter seinem Mentor van Gaal
       spielte, ohne zu alter Prägung zu finden, sieht man das inzwischen wohl
       auch so. José Mourinho hat anscheinend keine Lust mehr auf die Altlast aus
       Bayern.
       
       Nach dem Ende beim DFB wird es spannend für den frisch verheirateten Star:
       Überbezahlter Altherrenfußball in China, den USA oder den Emiraten? Oder
       doch noch eine letzte Herausforderung bei einem der unteren Clubs der
       Premier League? Oder am Ende gar Rückkehr in die Bundesliga? Nach Augsburg
       oder Ingolstadt? Denn genau besehen: Schweini ist trotz der grauen Schläfen
       noch nicht soo alt. Vorausgesetzt, sein Körper macht mit, könnten da noch
       zwei, drei Jahre Profifußball drin sein.
       
       ## Die Frage des Abgangs
       
       Bleibt die Frage, wie man einen respektablen Abgang hinkriegt – seinem
       Vorvorgänger Michael Ballack zum Beispiel ist das vor ein paar Jahren nicht
       so gut gelungen. Und Schweinis Rücktrittserklärung über seinen
       Twitteraccount klingt auch eher nach dem Gesuch eines Ministers aus der
       zweiten Reihe: „Ich habe soeben den Bundestrainer gebeten mich in Zukunft
       bei der Nominierung für die Nationalmannschaft nicht mehr zu
       berücksichtigen, da ich gerne zurücktreten möchte“ (Kommasetzung wie im
       Original). Dazu ein Bild, wo er einem abstrakten Publikum hinter einer
       verschwommenen Deutschlandfahne applaudiert. Puha.
       
       Trotzdem sollte er ein Vorbild sein. Und besonders Lukas Podolski, das
       alternde Maskottchen, sollte sich unbedingt an seinem Kumpel und Kapitän
       orientieren. Seine Leistungen in der Nationalmannschaft sind seit Jahren
       mehr als überschaubar. Kann sich noch irgendwer an Poldis letzten
       Galaauftritt beim DFB erinnern? 120 Länderspiele (24 Tore) hat Schweini
       seit seinem Debüt 2004 absolviert, Poldi sogar 129. Vor allem für Letzteren
       waren das ein paar zu viele.
       
       29 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Hamann
       
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