# taz.de -- Anti-Waffen-Protest im US-Kongress: Politiker am Boden
       
       > Etliche Demokraten im US-Kongress wollen ein schärferes Waffenrecht
       > erzwingen. Dafür setzen sie sich stundenlang auf den Hosenboden –
       > vergeblich.
       
 (IMG) Bild: Rege Beteiligung am Sit-In
       
       WASHINGTON ap | Die Demokraten im US-Kongress haben mit einem Sitzstreik
       vergeblich versucht, die Abstimmung über ein schärferes Waffenrecht zu
       erzwingen. Mit ihrer Aktion legten sie am Mittwoch den Betrieb des
       Repräsentantenhauses zeitweise lahm, entnervte Republikaner zogen sich
       zurück. Am frühen Donnerstagmorgen beschlossen die Republikaner mit ihrer
       Mehrheit, die Sitzung bis Juli zu vertagen. Die Demokraten blieben auch
       danach im Sitzungssaal.
       
       Die Teilnehmer der Protestaktion fordern ein Gesetz, das Hintergrund-Checks
       potenzieller Waffenkäufer ausweitet und Terrorverdächtigen den Erwerb von
       Waffen verbietet. Hintergrund der Initiative ist das jüngste Massaker mit
       49 Todesopfern in einem Schwulennachtclub in Orlando.
       
       Der Protest begann am Mittwoch gegen 11.30 Uhr und wurde zur Mittagszeit
       kurz unterbrochen, als der republikanische Abgeordnete Ted Poe mit der
       Tagesagenda beginnen wollte. Schon bald musste er jedoch eine Sitzungspause
       ausrufen, als Dutzende Demokraten sich weigerten, den Fußboden zu
       verlassen.
       
       Was habe der Kongress gegen Waffengewalt getan?, fragte der Abgeordnete
       John Lewis, der die Protestler im Plenum anführte. „Nichts. Wir haben die
       Ohren vor dem Blut Unschuldiger verschlossen. Wir sind blind für eine
       Krise. Wo ist unser Mut?“ Der republikanische Vorsitzende des
       Repräsentantenhauses, Paul Ryan, lehnte jedoch eine Abstimmung über das
       Waffenrecht ab und qualifizierte den den Sitzstreik als „Werbegag“ ab.
       
       ## „Kein Gesetz, keine Pause“
       
       Bis zum späten Nachmittag hatten sich 168 Abgeordnete sowie 34
       demokratische Senatoren dem Protest angeschlossen, wie das Büro der
       demokratischen Minderheitsführerin Nancy Pelosi mitteilte. Zwar wurden die
       Kameras im Plenum abgestellt, doch wurde das Geschehen im Plenum von den
       Abgeordneten selbst über sozialen Medien übertragen. Zudem posteten sie die
       Nummer des Kapitols im Netz und ermunterten Wähler, anzurufen und eine
       Abstimmung über das Waffengesetz zu verlangen.
       
       „Kein Gesetz, keine Pause“, skandierten die Parlamentarier im Saal
       wiederholt. Sie hielten Zettel mit den Namen von Menschen hoch, die durch
       Schusswaffen getötet worden waren und riefen „Schande, Schande, Schande“,
       als Ryan die Tagesordnung verkündete. Anschließend stimmten sie das Lied
       „We Shall Overcome“ an.
       
       Der Abgeordnete Mike Thompson hielt den Republikanern Hasenfüßigkeit vor.
       „Haben sie mehr Angst als die Kinder in Sandy Hook?“, fragte er mit Verweis
       auf einen Amoklauf in einer Grundschule im Staat Connecticut im Jahr 2012,
       bei dem 20 Kinder und sechs Erwachsene getötet worden. „Was ist unheimlich
       daran, ein Votum abzuhalten?“, fügte Thompson hinzu.
       
       Zu den Abgeordneten gesellten sich demokratische Senatoren, unter ihnen
       Minderheitsführer Harry Reid und Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders.
       Am Ende nahmen mehr als 200 Personen an der Protestaktion teil, die mehr
       als neun Stunden dauerte. Vor dem Kongress versammelten sich Hunderte
       Anhänger eines strengeren Waffengesetzes.
       
       Die Republikaner fuhren schließlich ohne Waffen-Votum in der Tagesordnung
       des Repräsentantenhauses fort. Ihre Mehrheit beschloss ein Gesetz zum Kampf
       gegen die Ausbreitung des Zika-Virus und die anschließende Vertagung der
       Sitzung bis nach den 4. Juli.
       
       23 Jun 2016
       
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