# taz.de -- Proteste gegen Windrad: Das Schweigen des Umweltsenators
       
       > Landkreis und Umweltschützer sind gegen ein geplantes Windrad am
       > Osterholzer Bultensee – im Interesse der Tiere und des
       > Hochwasserschutzes.
       
 (IMG) Bild: Naturschüzer fürchten, dass sich der Ausbau der Windkraft negativ auf Vögel und Fledermäuse auswirkt.
       
       BREMEN taz | „Es gibt hier noch überhaupt keinen Antrag auf Genehmigung“,
       sagt Jens Tittmann, der Sprecher des Bremer Umweltsenators. Daher könne man
       im Grunde wenig sagen darüber, wie hoch die Windenergieanlage werden soll,
       wann es gesetzlich vorgeschriebene „Abschaltzeiten“ geben könnte wegen des
       Vogelfluges und wegen der Fledermäuse, ob sie überhaupt gebaut wird. Klar
       ist nur: Theoretisch, nach Flächennutzungsplan, wäre ein Windrad etwas
       nördlich vom Bultensee, direkt an der Landesgrenze, möglich.
       
       Und ganz praktisch haben zwei Bauern schon Anrufe bekommen, vor Monaten.
       Bauern, denen das Land dort gehört und Bauern, die das Land gepachtet
       haben. Wer hat angerufen? „Das Bremer Energiekontor.“ Mal, sagen sie, habe
       das Energiekontor viel Geld versprochen, mal wenig.
       
       Es geht um die Überwegung: Für den Bau der schweren Anlage müssen in den
       morastigen Untergrund Schwertransport-Straßen gebaut werden. Eine
       Grundwasserabsenkung steht an, Bodenverdichtung. Und dann geht es um den
       Standort des Windrades. „Ich möchte, wenn ich da mähe, keine toten Vögel in
       meinem Futter haben“, sagt einer der betroffenen Bauern. Andere züchten
       dort Pferde. Macht der Flügelschlag Pferde scheu? Wer weiß.
       
       ## Von Oberneuland nach Osterholz
       
       Direkt hinter der Landesgrenze wohnt seit 27 Jahren Werner Martin,
       Betriebswirt. Knapp 500 Meter trennen sein Wohnhaus von dem möglichen
       Bauplatz. Er ist die treibende Kraft der Bürgerinitiative, die sich gegen
       das Windrad wehrt. Zwar ist sein Landkreis Verden gegen das Windrad, er hat
       aber wenig zu sagen, weil das Baugrundstück auf Bremer Gebiet liegt.
       
       Nur die Zufahrt soll auf Verdener Gebiet gebaut werden. Der zuständige
       Beirat Osterholz hat sich bisher wenig für das Thema interessiert. Als
       jüngst ein Fachausschuss tagte, war der Vertreter des Umweltsenators nicht
       gekommen, um Bericht zu erstatten.
       
       Vor einigen Jahren war noch ein Windenergie-Standort weiter nördlich im
       Gespräch, beim sogenannten „Oberneulander Schnabel“. Diese ins
       Niedersächsische hineinragende Landzunge war „bremisch“ geblieben, als die
       Fischerhuder Wümmeniederung im Jahre 1905 im Austausch für Bremerhavener
       Hafenflächen an Niedersachsen gegeben wurde. „Wir vom Beirat Oberneuland
       haben gegen die Windradpläne heftig protestiert“, sagt Siegfried Fliegner,
       CDU-Beiratsmitglied. Neben der eigenen Lobby hatte Oberneuland die „Sing-
       und Zwergschwäne“ auf seiner Seite, die dort rasten und immer noch nicht
       gelernt haben, Windräder zu umfliegen. Der Standort für das Windrad wurde
       nach Süden ins Osterholzer Gebiet verlegt und verkleinert.
       
       ## Kein Erweiterungspotential
       
       Für den Vogelschutz in den Borgfelder Wümmewiesen und den Landschaftsschutz
       rund um den Bultensee ist die Stiftung „NordWest Natur“ (NWN) zuständig,
       beauftragt vom Bremer Umweltsenator. Die Naturschützer lehnen das
       Windrad-Projekt dort strikt ab. „Ein solches Projekt atmet den Zeitgeist
       von vorgestern“, heißt es in der Protestnote des NWN, schlicht weil es
       keinerlei Erweiterungspotential gibt – es bliebe ein „alleinstehendes“ Rad
       – und weil die Vögel bedroht sind.
       
       Die Verlagerung des Standortes um wenige hundert Meter habe das Problem
       nicht aus der Welt geschafft, sagt NWN-Geschäftsführer Gunnar Oertel. Vögel
       flögen nicht immer hundert Prozent auf derselben Linie, schon weil für die
       Rastplätze der Vögel entscheidend sei, ob die Wiesen unten gerade
       überschwemmt seien oder nicht. Und zudem seien die Flächen
       Hochwasser-Überschwemmungsflächen, in die die Zufahrtsstraße zum Windrad
       gebaut werden müsste.
       
       ## Klimaschutz versus Naturschutz
       
       Bremens grüner Umweltsenator Joachim Lohse steckt in einem Dilemma. Seine
       Abteilung hat das Windrad mit denselben Argumenten abgelehnt, wie sie nun
       von den Umweltschützern vorgetragen werden. Seine Bauabteilung will aber
       möglichst viele Standorte für Windräder ausweisen – innerhalb der engen
       Landesgrenzen.
       
       „Wir hatten enorme Zahnschmerzen mit diesem Standort“, räumt
       Behördensprecher Tittmann auch ein, da stünden Klimaschutz und Naturschutz
       im Konflikt. Vorgeschriebene „Abschaltzeiten“ für Vogelflug und Fledermäuse
       wären gesetzliche Möglichkeiten, um einen Kompromiss zu finden.
       
       Vielleicht ist das der Grund, warum der Senator mit der Bürgerinitiative
       nicht sprechen will. „Vom Umweltsenator bekommen wir nichts, keine Antwort,
       keinen Termin“, klagt BI-Sprecher Werner Martin.
       
       3 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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