# taz.de -- Berlins SPD-Chef gibt auf: Nix mit Dolchstößlegende
       
       > Der bisherige Berliner SPD-Chef Jan Stöß wird nicht mehr für das Amt
       > kandidieren. Damit ist der Weg für Michael Müller frei. Was bleibt nach
       > vier Jahren der Ära Stöß?
       
 (IMG) Bild: Tritt nicht mehr an: Jan Stöß, der vor vier Jahren Michael Müller vom SPD-Parteivorsitz verdrängt hatte
       
       Jan Stöß ist ein mächtiger Mann, wenn er vor einem steht. Er ist imposant
       gebaut; man muss immer ein bisschen zu ihm aufschauen. Und Stöß schien es
       stets zu genießen, dass er Antworten auf an ihn gerichtete Fragen so schön
       von oben herab geben konnte. Dazu ein oft etwas zu spöttisches Lächeln,
       etwa wenn es um Machtansprüche innerhalb seiner Partei oder den politischen
       Lieblingsgegner CDU ging. Da geht noch was mit mir, schien er stets
       vermitteln zu wollen. Ja, Jan Stöß war der Große Vorsitzende der SPD.
       
       Leider nur, was sein körperliches Auftreten anging.
       
       Seit Donnerstagmittag hat er all seine Macht verloren. Um halb zwei kam die
       erwartete Mitteilung: „Keinesfalls will ich unseren Landesverband in eine
       Zerreißprobe führen, die den Erfolg der SPD bei den Wahlen im September
       aufs Spiel setzen würde“, ließ er sich zitieren. Und: „Ich werde daher beim
       Landesparteitag am 30. April 2016 nicht wieder als Landesvorsitzender
       kandidieren.“
       
       Eigentlich war es mit dem Parteichefdasein schon tags zuvor vorbei gewesen.
       Am Mittwochvormittag war durchgesickert, dass Michael Müller, der
       Regierende Bürgermeister, Landeschef der SPD werden wollte. Müller war das
       schon mal, bis er vor vier Jahren von Stöß aus dem Amt geputscht wurde.
       
       Nun wurde der 42-jährige Verwaltungsrichter ohne großen Aufruhr von Müller
       ins politische Nichts befördert. Der Regierende hat es gekonnt vermieden,
       Ansätze für eine Dolchstößlegende entstehen zu lassen. Und trotzdem
       klargestellt, zu wem nun aufgeblickt werden soll: „Das ist für ihn auch
       keine einfache Situation, aber Jan Stöß ist Profi, der kann so was auch
       einordnen“, sagte Müller dem RBB – ziemlich von oben herab.
       
       Über Stöß’politisches Ende war bereits im Herbst 2014 geschrieben worden.
       Da hatte er den SPD-Mitgliederentscheid um die Nachfolge Klaus Wowereits
       weit hinter Müller und nur knapp vor dem dritten Kandidaten Raed Saleh
       abgeschlossen. Stöß blieb zwar Parteichef; ein eigenes Profil durfte er
       indes nicht mehr entwickeln.
       
       Auch wenn inhaltlich nicht viel bleibt aus der Ära Stöß: Gerade während des
       Nachfolgekampfs gegen Müller und Saleh hat er deutlich gemacht, dass es in
       der Berliner SPD auch eine durchaus zu beachtende traditionell-linke
       Strömung gibt; dass die aktuelle Koalition mit der CDU unter Wowereit und
       Müller vielleicht doch nur ein Unfall der Geschichte bleibt.
       
       14 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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