# taz.de -- Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens: Erste Abschiebungen beginnen
       
       > Wie angekündigt, sind erste Flüchtlinge von den Inseln Lesbos und Chios
       > in die Türkei zurückgeführt worden. Die Kritik an dem Deal reißt nicht
       > ab.
       
 (IMG) Bild: Vor allem Flüchtlinge aus Pakistan und Afghanistan müssen gehen. Ziel ist das türkische Dikili
       
       ATHEN/FRANKFURT AM MAIN/LESBOS epd/dpa | Die Umsetzung des
       EU-Türkei-Abkommens hat begonnen: Erstmals wurden am Montagmorgen
       Bootsflüchtlinge von Griechenland aus in die Türkei abgeschoben. Begleitet
       von zahlreichen Polizisten wurden nach Berichten der griechischen
       staatlichen Nachrichtenagentur ANA-MPA am Montag auf den Inseln Lesbos und
       Chios insgesamt 202 Menschen vor allem aus Pakistan, aber auch aus
       Bangladesch und nordafrikanischen Ländern auf Schiffe gebracht, deren Ziel
       der türkische Hafen Dikili war.
       
       Ein erstes Schiff legte am Montag bereits an, wie ein dpa-Reporter
       berichtete. Das zweite Schiff sei auf dem Weg in den Hafen. Das
       UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR äußerte sich kritisch zur Lage in
       Griechenland, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verteidigte die
       EU-Vereinbarung mit der Türkei.
       
       Nach der Rückführung der ersten Migranten stellen Flüchtlinge auf Lesbos
       nun offenbar massenhaft Asylanträge, um ihre Abschiebung hinauszuzögern.
       Das sagte am Montagmorgen die Chefin der für Migration zuständigen
       Abteilung der griechischen Polizei, Zacharoula Tsirigoti. Von nun an gelte
       es, Asylanträge zu bearbeiten, bevor weitere Migranten in die Türkei
       zurückgeschickt werden könnten.
       
       Aus Kreisen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex auf Lesbos hieß es,
       wegen der Antragsflut sei es nun umso wichtiger, dass zügig Asylexperten
       aus anderen europäischen Ländern nach Griechenland entsandt würden.
       
       Trotz der angekündigten Rückführungen waren noch bis zuletzt
       Bootsflüchtlinge aus der Türkei auf den griechischen Inseln angekommen. Dem
       vor rund zwei Wochen geschlossenen Abkommen zufolge sollen alle Menschen,
       die seit dem 20. März irregulär von der Türkei aus auf die griechischen
       Inseln gelangt sind, zurückgeführt werden, es sei denn, sie erhalten Asyl.
       Im Gegenzug will die EU bis zu 72.000 Syrer aus der Türkei aufnehmen.
       
       ## Massenweise Asylanträge
       
       Die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Melissa Fleming,
       forderte die EU auf, die Rechte der Flüchtlinge in Griechenland zu wahren.
       Jeder Einzelne müsse angehört werden und die Chance bekommen, einen
       Asylantrag zu stellen, forderte Fleming im SWR. Sonst dürfe er nicht zurück
       in die Türkei gebracht werden.
       
       Allein auf der griechischen Insel Lesbos wollten ihres Wissens nach rund
       2.000 Menschen Asyl beantragen. Es fehle aber an Personal, um die Fälle zu
       bearbeiten. Es herrsche sehr viel Ungewissheit in den griechischen Lagern,
       insbesondere auf der Insel Lesbos. Niemand wisse, ob er möglicherweise bald
       in einem Boot Richtung Türkei sitzen werde.
       
       EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verteidigte das Abkommen der
       Staatengemeinschaft mit der Türkei. Er sehe in der Rückführung der
       Flüchtlinge kein Problem, in der Türkei würden sie „eigentlich sehr korrekt
       behandelt“, sagte Schulz im Morgenmagazin der ARD. Illegalen
       Schlepperbanden werde damit ein empfindlicher Schlag versetzt. Nun gehe es
       darum, dass alle Mitgliedsländer der Union auch Flüchtlinge aus der Türkei
       aufnehmen. Er vertraue darauf, dass entsprechende Zusagen eingehalten
       werden.
       
       Nach Angaben des Bundesinnenministeriums werden noch für Montag erste
       syrische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland erwartet. Das
       Ministerium nannte keine genaue Zahl, es sei von einer „niedrigen bis
       mittleren zweistelligen Größenordnung“ auszugehen. Es seien vor allem
       Familien mit Kindern, die unter Beteiligung des UNHCR ausgewählt worden
       seien. Sie kämen voraussichtlich im Aufnahmelager Friedland in
       Niedersachsen an.
       
       4 Apr 2016
       
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