# taz.de -- Gleichbehandlung von EU-Bürgern: Italiener will Schadenersatz
       
       > Deutschland hatte einen italienischen Manager an die USA ausgeliefert.
       > Der sieht sich gegenüber deutschen Staatsbürgern benachteiligt.
       
 (IMG) Bild: Der Europäische Gerichtshof muss entscheiden, ob Romano Pisciotti ausgeliefert werden durfte
       
       Freiburg taz | Darf Deutschland bei Auslieferungen EU-Bürger schlechter
       behandeln als deutsche Staatsbürger? Über diese Frage muss demnächst der
       Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Das Landgericht Berlin hat ihm
       jetzt einen entsprechenden Fall vorgelegt. Konkret geht es um den
       italienischen Manager Romano Pisciotti. Die USA warfen ihm die Beteiligung
       an einem unzulässigen Preiskartell vor. Mehrere Firmen hätten über Jahre
       hinweg die Preise für Schläuche zur Schiffsbeladung abgesprochen. Als
       Pisciotti im Juni 2013 auf dem Frankfurter Flughafen zwischenlandete, wurde
       er von der Bundespolizei aufgrund eines US-Haftbefehls festgenommen.
       
       Der Manager widersetzte sich seiner Auslieferung in die USA und berief sich
       auf das deutsche Grundgesetz. Dort heißt es: „Kein Deutscher darf an das
       Ausland ausgeliefert werden“ (Artikel 16). Dies müsse auch für EU-Bürger
       gelten, da dies sonst eine laut den EU-Verträgen verbotene Diskriminierung
       wäre (Art. 18 AEUV). Das Bundesverfassungsgericht sah dies jedoch anders:
       Das Auslieferungsverbot gelte nur für Deutsche. Es verzichtete auch auf
       eine Vorlage zum EuGH, weil die Sache ganz eindeutig sei.
       
       Also wurde der Manager in die USA ausgeliefert und verbüßte dort eine
       Haftstrafe. Inzwischen verklagte Pisciotti Deutschland allerdings auf
       Schadenersatz in noch nicht bezifferter Höhe. Denn die Bundesregierung habe
       ihn rechtswidrig ausgeliefert. Das zuständige Landgericht Berlin tendiert
       dazu, Pisciotti recht zu geben. Das Diskriminierungsverbot für EU-Bürger
       gelte, sobald diese von ihren Grundfreiheiten Gebrauch machen und zum
       Beispiel in andere EU-Staaten reisen. Also müsse Deutschland EU-Bürger auch
       im Auslieferungsrecht gleich behandeln.
       
       Sicherheitshalber legte das Landgericht den Fall allerdings dem EuGH vor,
       damit dieser das EU-Recht auslegen kann. Sollte auch er für eine
       Gleichbehandlung votieren, wäre das für das Bundesverfassungsgericht
       doppelt peinlich. Es hätte nicht nur zu Unrecht darauf verzichtet, den EuGH
       zu fragen, es hätte auch das EU-Recht völlig falsch ausgelegt. In Luxemburg
       sind ähnliche Anfragen aus Österreich und Lettland anhängig. Mit einer
       baldigen Entscheidung des EuGH ist deshalb zu rechnen. Bis dahin sind
       derartige Auslieferungen von EU-Bürgern faktisch blockiert.
       
       29 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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