# taz.de -- Flüchtlingslager in Calais: Der „Dschungel“ wird geräumt
       
       > Mit Bulldozern haben Arbeiter im südlichen Teil des Lagers rund 20 Hütten
       > abgerissen. Ein Großaufgebot der Polizei begleitete den Einsatz.
       
 (IMG) Bild: Mit Verstärkung durch die Polizei rücken die Arbeiter im Lager vor.
       
       Amsterdam taz | Die französischen Behörden machen Ernst: Am Montagmorgen
       ist ein Großaufgebot von Polizisten in das inoffizielle Flüchtlingslager
       bei Calais vorgerückt, um mit der umstrittenen Teilräumung zu beginnen.
       Mehr als 50 Fahrzeuge der Anti-Aufruhr-Einheit CRS und eine Hundertschaft
       Beamte sind im Einsatz. Auch ein Wasserwerfer steht bereit, wurde bislang
       aber nicht eingesetzt.
       
       Polizisten forderten die Bewohner des betreffenden Gebiets auf, in das neu
       errichtete Container-Zentrum am Rand des „Jungle“, so der Name des Camps,
       umzuziehen, andernfalls würden sie Gewalt anwenden. Unterstützern wurde der
       Zutritt zum Lager verweigert. Eine Person, die sich den Abbrucharbeiten
       widersetzte, wurde festgenommen.
       
       Die Räumung betrifft zunächst etwa 20 der provisorischen Hütten auf einer
       Fläche von rund 100 Quadratmetern. Arbeiter in orangefarbenen Overalls
       begannen am Montag unter Polizeischutz damit, diese abzubauen. Bulldozer
       und Bagger werden bewusst zurückgehalten. Die Behörden wollen den Eindruck
       eines brutalen Vorgehens gegen die Flüchtlinge vermeiden.
       
       In der offiziellen Begründung der Präfektur von Calais war in den letzten
       Tagen von einer „humanitären Räumung“ die Rede, deren Ziel der Umzug der
       Flüchtlinge in ein Containerzentrum sowie andere Auffanglager im Land sein
       soll. Der Prozess soll drei Wochen dauern.
       
       Erwartet worden war die Räumung des südlichen Teils des „Jungle“ bereits
       letzten Dienstag. Doch das Ultimatum zum Verlassen der Behausungen
       verstrich zunächst ohne Folgen, weil Flüchtlinge und mehrere
       Hilfsorganisationen beim Verwaltungsgericht in Lille in Berufung gegangen
       waren. Im Gegensatz zur Präfektur, die höchstens 1.000 Menschen von der
       Räumung betroffen sieht, gehen die Hilfsorganisationen von rund 3.500 aus,
       darunter etwa 400 meist unbegleitete Minderjährige. Diese würden bei
       Temperaturen um den Gefrierpunkt nun ohne Unterschlupf dastehen.
       
       ## Maximal 2.000 Bewohner sollen bleiben
       
       Nach einem Ortsbesuch von Richterin Valérie Quemener Mitte voriger Woche
       nahm das Gericht zwei Tage Bedenkzeit, bestätigte dann jedoch am Donnerstag
       die Pläne der Behörden. Ausgenommen werden sollen „soziale Orte“ wie eine
       Schule, Kirche und Moschee, ein Theater und die Bibliothek. Zelte, selbst
       gezimmerte Holzhütten und Restaurants und Läden werden entfernt. Bereits im
       Januar war ein Streifen des Gebiets entlang der Autobahn geräumt und
       planiert worden. Die Flüchtlinge hatten in den letzten Monaten mehrfach
       versucht, dort den Verkehr zu blockieren und sich Zugang zu Lkws in
       Richtung Eurotunnel zu verschaffen.
       
       Die Präfektur setzt nun ihre im Winter begonnene Strategie fort: Der
       „Jungle“ soll auf maximal 2.000 Bewohner reduziert werden, die man entweder
       in einem Frauen-und-Kinder-Zentrum am Rand des Areals oder in der neu
       errichteten Container-Siedlung unterbringen will. Die restlichen Bewohner
       sollen in Frankreich um Asyl bitten oder sich in Auffanglager in andere
       Regionen bringen lassen. Weil das Ziel der Menschen allerdings England ist,
       sind diese Optionen im „Jungle“ alles andere als populär.
       
       Das Anwaltskollektiv Appel de Calais hat unmittelbar nach der
       Räumungsbestätigung beim Obersten Verwaltungsgericht in Paris erneut
       Berufung eingelegt. Aufschiebende Wirkung hat diese allerdings nicht. Die
       Organisation Stand Up to Racism rief unterdessen für Montagabend zu einem
       Protest vor dem Amtssitz des britischen Premiers auf.
       
       29 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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