# taz.de -- Flüchtlinge an der griechischen Grenze: „Entscheidet, ob ihr uns haben wollt“
       
       > Im Lager Idomeni fragen sich die Flüchtlinge, ob das Tor nach Mazedonien
       > wieder aufgeht oder ob die Balkanroute ganz gesperrt werden soll.
       
 (IMG) Bild: Wenn Spiderman nur helfen könnte.
       
       Idomenitaz | Alle Blicke richten sich auf das von Stacheldraht gesicherte
       Tor, das Tor nach Mazedonien, das Tor nach Europa. Dicht gedrängt sitzen
       Männer und Frauen, Alte und Kinder, in einem abgesperrten Quadrat von 40
       Quadratmetern. Linker Hand liegen hinter einem Maschendraht, bewacht von
       griechischen Polizisten, die Geleise der Eisenbahn. Rechter Hand, hinter
       einem weiteren Maschendraht, haben andere Flüchtlinge eng gedrängt Zelte
       aufgebaut. 
       
       Jeder möchte dem Tor nahe sein. Doch eine Chance weiterzukommen haben nur
       jene, die im Quadrat sitzen und deren Papiere schon von den griechischen
       Beamten und Mitarbeitern des UN-Flüchtlingswerks UNHCR geprüft worden sind.
       
       Sie wären jetzt dran, wenn das Tor nur aufgehen würde. Werden wieder – wie
       am Sonntag – 200 Leute durchkommen? Oder stimmen die Gerüchte, dass die EU
       heute die Balkanroute vollkommen schließen will?
       
       Seit drei Tagen wartet Alisad (sie will ihren Nachnamen nicht nennen) aus
       Aleppo mit ihren drei Kindern. Die 28-jährige Friseurin hat ein Kleinkind
       im Arm. „Fällt endlich eine Entscheidung, lasst uns hier nicht wie die
       Schafe warten, wollt ihr uns oder wollt ihr uns nicht, ihr müsst das jetzt
       sagen“, fordert sie von den umstehenden Journalisten und Kameraleuten.
       
       ## Hoffen auf die Deutschen
       
       Alisad war 2014 mit ihren größeren Mädchen schon in der Türkei. Ging dann
       im April 2015 zurück nach Aleppo, fand das Haus zerbombt vor, ihr Mann und
       die anderen Mitglieder der Familie sind wahrscheinlich umgekommen. Sie
       hatte noch ein Visum nach Dubai im Pass. Dort wurde sie am Flughafen mit
       ihren Kindern zurückgewiesen, ihr Visum ungültig gestempelt. Dubai nimmt
       keine Syrer auf. Schließlich machte sie sich von der Türkei aus auf den Weg
       nach Europa.
       
       Der 25-jährige Kurde Hussein Biks aus Kamisli, ein Erdölingenieur, wartet
       schon sieben Tage hier in Idomeni. „Auch er hat von der Sitzung der EU
       gehört. „Sag Präsident Merkel und dem deutschen Volk, helft uns, ihr seid
       die Einzigen, die ein Herz gezeigt haben.“
       
       Als die Nachricht kommt, Merkel habe die völlige Schließung der Balkanroute
       kritisiert, keimt wieder Hoffnung auf. Informationen über die Verhandlungen
       breiten sich hier in Windeseile aus. Die Leute fragen die Journalisten:
       Stimmt es, dass das Lager noch in der Nacht geräumt werden soll? Werden wir
       zu anderen Lagern gebracht? Bis zum Ende der Woche sollen
       Unterbringungsmöglichkeiten für 17.400 weitere der im Land verstreuten
       Flüchtlinge geschaffen werden, hat es jetzt in Athen geheißen. Auch die
       griechische Regierung lehnt die offizielle Schließung der Balkanroute durch
       die EU ab.
       
       Geduldig gibt der pakistanische UNHCR-Sprecher Barbar Balloch Auskunft.
       „Dieses Lager hier ist menschenunwürdig. 40 Prozent der Flüchtlinge sind
       Kinder, 22 Prozent sind Frauen. Es wäre wohl besser, wenn die Menschen von
       hier nach und nach in besser ausgerüstete Lager gebracht würden.“ Auch er
       hat gehört, dass die griechische Regierung mit der Aktion bald beginnen
       will. 15 Kilometer entfernt in Polikastro, auf einem Flughafengelände der
       Armee, seien schon Zelte für Tausende von Menschen aufgebaut. „Von dort aus
       könnten dann reguläre Prozeduren beginnen, um die Menschen auf mehrere
       Staaten der EU zu verteilen“, erklärt Balloch.
       
       7 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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