# taz.de -- Kommentar zu Alnatura: Nicht einlullen lassen
       
       > Auch und gerade alternative Betriebe sind in Gefahr, den Regeln des
       > Kapitalismus unterliegen.
       
 (IMG) Bild: Auch eher kein Gewerkschaftler: Prinz Charles besucht Alnatura.
       
       Es ist immer wieder das selbe Lied, erst recht in Betrieben, die sich den
       Anschein verleihen wollen, alternativ zu sein, progressiv oder gar links –
       aber doch den Regeln des Kapitalismus unterliegen und gegenüber
       Konkurrenten bestehen müssen: Die Rechte der Beschäftigten werden durch
       scheinbar solidarische Betriebsstrukturen und psychischen Solidaritätsdruck
       gering gehalten, Betriebshierarchien durchs allgemeine Duzen verschleiert
       und durch scheinbare Mitbestimmung in Form von Meetings und Plena möglichst
       vage gehalten. Davon können auch tazlerInnen manches Lied singen.
       
       Dabei sollten doch gerade die Beschäftigten solcher Betriebe nicht
       schutzlos sein – dafür zu sorgen, ist das Betriebsverfassungsgesetz
       geschaffen worden. Und dieses sieht vor, dass in jedem Betrieb mit mehr als
       fünf MitarbeiterInnen ein Betriebsrat zu wählen ist. Wohlgemerkt: Das ist
       keine „Kann“-Bestimmung, das ist ein Muss.
       
       Auch in „Alternativbetrieben“ treten ja arbeitsrechtliche Konflikte auf,
       sogar dann, wenn die Mitarbeitenden bei unbezahlten Überstunden nicht so
       genau auf die Uhr gucken oder Vergütungen teils weit unter tariflichen
       Branchengehältern akzeptieren. Spätestens, wenn es um drohende Entlassungen
       geht oder um gravierende Missstände bei den Arbeitsbedingungen, ist die
       gesetzlich vorgesehene Intervention eines Betriebsrats plötzlich dringend
       nötig.
       
       Dass die Bosse bei Alnatura, nicht bloß streng genommen ein
       kapitalistisches Unternehmen, nun durch Tricksereien die Gründung eines
       Betriebsrates in Bremen verhindern wollen – beziehungsweise diesen
       kleinhalten –, das sollte die Beschäftigten wachrütteln: Es ist ein Indiz
       dafür, dass sich der Konzern mit seinen deutschlandweit 99 Filialen auch
       nicht von einem Gesamtbetriebsrat in die Karten gucken lassen wird. Wenn es
       aber zur Schließung so eines Bio-Supermarktes kommt, dann hat nun mal nur
       ein dreiköpfiger Betriebsrat die Möglichkeit, einen Sozialplan für die
       Betroffenen abzuschließen. Da sollten sich die Beschäftigten nicht
       einlullen lassen – auch nicht von Bossen, zu denen sie „du“ sagen.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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