# taz.de -- Kommentar Merkels Flüchtlingspolitik: Wer nicht füttert, wird gebissen
       
       > Die Bundeskanzlerin ist in Europa isoliert und die Zahl ihrer Kritiker in
       > den eigenen Reihen wächst. Wie viel Handlungsspielraum hat sie noch?
       
 (IMG) Bild: Die CDU ernährt sich von Macht. Wer sie nicht füttert, wird gebissen.
       
       Zurzeit werden praktisch jede Woche politische Termine als genau der
       Augenblick gehandelt, der über Angela Merkels Sturz entscheidet. Gemessen
       an der gerade üblichen Dramatisierung, hat das Jahr für die Kanzlerin 365
       Schicksalstage mit jeweils 24 Schicksalsstunden. Dabei geht es gar nicht um
       das Ende ihrer Kanzlerschaft, sondern um etwas ganz anderes: den
       Handlungsspielraum, den sie für ihre Politik noch hat.
       
       Es stimmt, dass die deutsche Regierungschefin in Europa isoliert ist.
       Richtig ist auch, dass die Zahl ihrer Kritiker in den eigenen Reihen
       wächst. Dass all dies ihren Handlungsspielraum verkleinert, ist vor allem
       für die Flüchtlinge schlecht. Denn trotz aller Verschärfungen der
       vergangenen Monate ist die deutsche Flüchtlingspolitik noch immer deutlich
       humaner als im Rest von Europa. Ein kleinerer Spielraum bedeutet jedoch
       höhere Zäune, lautere Abschreckungsrhetorik und mehr Schikanen gegen
       diejenigen, die bei uns Schutz suchen.
       
       Merkel hat derzeit wenig Grund zur Zuversicht. Die Landtagswahlen am 13.
       März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt muss sie
       fürchten, denn die Unionsparteien sind stärker als alle anderen aufs
       Regieren an sich ausgerichtet. Die CDU ernährt sich von Macht. Wer sie
       nicht füttert, wird gebissen. Das Schlimmste, was Merkel also passieren
       könnte, wäre eine Niederlage der CDU in Baden-Württemberg.
       
       Und die Aussichten für Spitzenkandidat Guido Wolf, den Traditionswächter
       aus Oberschwaben, sind mies: In Umfragen rangiert er bei mickrigen 33
       Prozent. Es ist nicht einmal ganz auszuschließen, dass die CDU sogar im
       freien Fall an Winfried Kretschmanns Grünen vorbeirasselt. Das wäre eine
       Katastrophe für die Partei, die einst in Baden-Württemberg so fett und
       mächtig war, dass sie Wahlziele von 50 Prozent „plus x“ ausgab. Merkel
       könnte zwar versuchen, Guido Wolf die Schuld zuzuschieben, aber die Wut im
       Südwesten würde das nicht mildern.
       
       Die CDU Baden-Württemberg ist der zweitgrößte Landesverband, im Bundestag
       stellt sie nur ein Dutzend Abgeordnete weniger als die CSU. Kretschmann hat
       kürzlich gesagt, wegen ihrer Anstrengungen als Krisenmanagerin bete er
       jeden Tag für die Kanzlerin. Sein politischer Kontrahent Guido Wolf macht
       sich darüber lustig. Dabei gibt es jemanden, der täglich für Wolf beten
       müsste. Es ist Angela Merkel.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Löwisch
       
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