# taz.de -- Bundespräsident in Nigeria: Gauck gegen den Terror
       
       > Bei den Opfern von Boko Haram in Nigeria kann der deutsche Staatschef
       > wenig tun außer zuhören. Am Freitag geht’s weiter nach Mali.
       
 (IMG) Bild: Kriegsvertriebene begrüßen den Bundespräsidenten im Lager New Kuchigoro bei Abuja, Nigeria.
       
       Abuja taz | Enoch Yohanna ist ein kleiner, schmächtiger Mann. Er trägt ein
       helles Hemd, seine graue Hose hat eine ordentliche Bügelfalte. Ständig hat
       er ein Lächeln auf dem Gesicht. Wenn er spricht, klingen seine Worte ruhig
       und kraftvoll. Mit dieser Gelassenheit zeigt der junge Nigerianer dem
       deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und dessen Lebensgefährtin
       Daniela Schadt auf dessen Besuch in Afrikas größtem Land eine häufig
       ignorierte Wirklichkeit.
       
       Auch wenn Nigerias Präsident Muhammadu Buhari (73) schon vor Wochen betont
       hat, dass der Kampf gegen die islamistische Miliz Boko Haram „technisch
       gewonnen“ sei, sind weiter mehr als zwei Millionen Menschen in Nigeria auf
       der Flucht. Mindestens einmal pro Woche kommt es im Nordosten zu einem
       Bombenanschlag.
       
       Der jüngste ereignete sich am Mittwochmorgen, als zwei
       Selbstmordattentäterinnen 65 Menschen in den Tod rissen. So lauten die
       aktuellen Zahlen, als Gauck mit Buhari spricht. Anschlagsort war
       ausgerechnet ein Flüchtlingscamp in Dikwa (Bundesstaat Borno).
       
       Eine dritte Attentäterin soll sich im letzten Moment der Polizei gestellt
       haben, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Familie in dem Camp lebt. Im
       Beisein von Buhari spricht Gauck am Donnerstagmittag sein Beileid aus.
       
       ## Kriegsvertriebene ohne Versorgung
       
       Weitaus bewegender für das deutsche Staatsoberhaupt ist sein Besuch in New
       Kuchigoro. In dem Vertriebenenlager am Rand der Glamour-Hauptstadt Abuja,
       das knapp 1.000 Menschen beherbergt, schütteln Gauck und Daniela Schadt
       viele Hände. Enoch Yohanna, einer der Ansprechpartner, der gleichzeitig
       seinen Nationalen Jugenddienst (NYSC) – ein verpflichtendes soziales Jahr
       nach dem Hochschulstudium – verrichtet, spricht sachlich über die Probleme.
       „Schauen Sie sich mal diesen Mann an. Er ist krank. Aber wir haben in
       diesem Camp keine Gesundheitsversorgung.“
       
       Einige Schritte später bleiben der Bundespräsident und seine
       Lebensgefährtin wieder stehen. Mütter strahlen und halten den beiden ihre
       kleinen Kinder entgegen. Enoch Yohanna erklärt: „Wir haben Glück und der
       Arzt einer Stiftung unterstützt uns. Aber er ist nicht immer da.“ Deshalb
       seien auch Entbindungen eine große Herausforderung. Dabei liegt New
       Kuchigoro nur einige Kilometer vom Zentrum der nigerianischen Hauptstadt
       entfernt. Wer über Geld verfügt, kann sich eine gute Gesundheitsversorgung
       leisten.
       
       Boko Haram und die Folgen sind am Donnerstag während des Austausches mit
       seinem Amtskollegen Buhari auch eines der zentralen Themen für Gauck. Der
       deutsche Präsident fordert, dass die Vertriebenen sicher zurückkehren
       können. Auch finanzielle Hilfe sagt er zu, die allerdings von der
       Europäischen Union (EU) stammt. Wie bereits Anfang Februar bekannt gegeben
       wurde, will diese die multinationale Einsatztruppe gegen Boko Haram – an
       dieser beteiligen sich Soldaten aus Nigeria und den angrenzenden
       Nachbarländern – mit 50 Millionen US-Dollar unterstützen.
       
       Abgelehnt hat Gauck aber eine deutsche Beteiligung am Antiterrorkampf in
       Nigeria. Auf die Frage, was er nigerianischen Flüchtlingen antworten würde,
       die ein Eingreifen fordern, hat er am Mittwoch geantwortet: „Wir Deutschen
       werden hier sicherlich nicht eingreifen.“
       
       ## Stippvisite bei der Bundeswehr
       
       Anders sieht das in Mali aus, wohin Gaucks Reise am Freitagmorgen geht.
       Während des knapp siebenstündigen Abstechers steht ein Austausch mit
       Soldaten im Mittelpunkt. Besucht wird das Camp Gecko im Städchen Koulikoro,
       60 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bamako. Dort beteiligen sich seit
       April 2013 Bundeswehrsoldaten an der europäischen Ausbildungsmission EUTM.
       
       Als weitaus riskanter gilt der UN-Einsatz im Norden, für den künftig bis zu
       650 deutsche Soldaten nach Mali geschickt werden können. Die Verstärkung
       hatte der Bundestag Ende Januar beschlossen, die ersten Soldaten sind schon
       in Gao im Nordosten Malis eingetroffen. 200 Kilometer entfernt, in Hombori,
       starben am Donnerstag drei Menschen bei einem Anschlag.
       
       11 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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