# taz.de -- Kommentar Flüchtlinge und Europa: Ein Kontingent ist besser als nichts
       
       > Aus den Niederlanden kommt ein Vorschlag, der Abschiebung mit Aufnahme
       > verbindet. Er weist Mängel auf, könnte aber eine Chance sein.
       
 (IMG) Bild: Ihnen stehen unsichere Zeiten bevor: Flüchtlinge in Griechenland.
       
       Schon wieder ein Begrenzungsvorschlag: Flüchtlinge, die auf griechischen
       Inseln oder Gewässern ankommen, sollen direkt in die Türkei zurückgebracht
       werden – mit Fähren.
       
       Was ist das: Kokolores? Eine weitere spinnerte, brutale Idee eines
       europäischen Rechtspopulisten? Nein. [1][Das schlagen die Sozialdemokraten
       vor,] die in den Niederlanden regieren und die EU-Ratspräsidentschaft
       innehaben. Man sollte diesen Plan also durchaus ernst nehmen.
       
       Und ist die Idee, die dahintersteckt und angeblich bereits auf EU-Ebene
       besprochen wurde, ganz so abwegig, menschenverachtend und bescheuert, wie
       sie klingt? Nicht unbedingt. Klar, das Einverständnis der Türkei fehlt
       noch, das der Flüchtlinge sowieso.
       
       Aber die Niederländer belassen es nicht bei diesem Abschiebungsplan, der
       die EU-Außengrenze zur Türkei faktisch abriegeln soll – jedenfalls für
       Menschen, die auf eigene Faust losfahren.
       
       Es gibt auch ein Angebot: Im Gegenzug dürften andere Flüchtlinge in einem
       geordneten Verfahren legal aus der Türkei in die EU einreisen. In dem
       Vorschlag ist von 250.000 Menschen im Jahr die Rede. Was übrigens in etwa
       SeehofersObergrenze entspricht.
       
       ## Wir müssen uns entscheiden
       
       Viel zu wenig? Sicher. Aber völlig unsinnig? Statt überwiegend junger
       Männer aus mehr oder weniger sicheren Ländern könnten gezielt Familien aus
       Syrien oder anderen Kriegsgebieten aufgenommen werden. Willkür? Sicher.
       Aber ist die momentane Auswahl durch den Wettlauf über den Balkan weniger
       willkürlich? Und gibt es bei 60 Millionen Flüchtlingen und immer weniger
       aufnahmebereiten Ländern eine gerechte Lösung?
       
       Vielleicht ist ein ausbaufähiges Kontingent besser als nichts. Wer das
       alles überwachen, steuern soll? Erdoğan? Tja.
       
       Aber was ist die Alternative? Weiter abwarten, wie viele Menschen sich noch
       auf den Weg nach Europa machen, wo sie fast nirgends mehr willkommen sind?
       Womit wir bei den Deutschen wären. Wir müssen uns entscheiden. Wenn wir
       weiter unbegrenzte Aufnahmebereitschaft für alle Schutzbedürftigen
       signalisieren, müssen wir das allein schaffen.
       
       Alle anderen EU-Regierungen, auch die linken, sind dagegen – so wie 70
       Prozent der Deutschen. Wir müssen uns deshalb überlegen, was wir wirklich
       schaffen, welche Pläne halbwegs realistisch und welche mehrheitsfähig sind.
       Wer weiter auf eine gerechte EU-Verteilung hofft, kann das versuchen.
       Politisch aussichtsreich ist es nicht.
       
       28 Jan 2016
       
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 (DIR) Lukas Wallraff
       
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