# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Kein Weg durchs Chaos
       
       > Weil sie seit Wochen ohne Geld auf ihre Registrierung warten, machen sich
       > 200 Flüchtlinge aus einer Turnhalle auf den Weg zum Lageso. Erfolg haben
       > sie nicht.
       
 (IMG) Bild: Auf diesen Bus warten viele Flüchtlinge wochenlang.
       
       Seit über zwei Wochen ist Fatimah Al Ahmad, die in Wirklichkeit anders
       heißt, in Berlin. Nach ihrer Ankunft schickte das Lageso sie in eine
       Turnhalle nach Treptow-Köpenick. Dort solle sie ein paar Tage bleiben, dann
       würde ein Bus sie zur Registrierungsstelle an der Bundesallee bringen. Nur,
       wer registriert ist, bekommt Gesundheitsversorgung und Leistungen wie
       Taschen- oder Kleidungsgeld ausgezahlt.
       
       Doch bis heute kam kein Bus. Mittlerweile habe sie kein Geld mehr, könne
       nicht mal mehr ihre Kleidung im Waschsalon waschen, berichtet Al Ahmad.
       „Jeden Tag fragen wir die Betreiber unserer Unterkunft nach den Bussen,
       aber sie wissen auch nichts“, berichtet sie. „Wenn die nichts wissen, wer
       denn dann? Wir sind alle verwirrt.“
       
       Die allgemeine Verwirrung ist es dann auch, die dazu führt, dass am
       Donnerstagmorgen plötzlich fast 200 Flüchtlinge aus Al Ahmads Notunterkunft
       vor der Registrierungsstelle in der Bundesallee stehen – unangemeldet. Am
       Abend zuvor war es zu einem Missverständnis zwischen Unterkunftsbetreibern
       und einigen Flüchtlingen gekommen: Die Betreiber sagten, sie wüssten noch
       immer nicht, wann die Busse kämen. Die Flüchtlinge verstanden aber, sie
       könnten ab sofort auf eigene Faust zur Registrierungsstelle fahren und dort
       ihre Leistungen abholen.
       
       Die angeblich guten Neuigkeiten sprachen sich in der Unterkunft schnell
       herum. Gegen 8 Uhr stand der Flüchtlingstrupp geschlossen vor der
       Registrierungsstelle. Die Security war mit der Menschenmenge überfordert
       und rief die Polizei. Die schickte die Geflüchteten weg.
       
       Während die meisten der 200 eingeschüchtert zurück in die Unterkunft
       fuhren, machten sich fünf Personen, darunter Fatimah Al Ahmad, mit einer
       Begleiterin von der Arbeitsgruppe Flucht und Menschenrechte auf den Weg zum
       Lageso. Ihre Idee: sich als Härtefälle einstufen zu lassen und somit
       schneller registriert zu werden.
       
       Doch dort wurde das Chaos nur noch größer: Bei der Caritas, die für die
       Einstufung zuständig ist, wurden die fünf nicht einmal vorgelassen. „Wir
       haben hier keine Kapazitäten mehr, die Leute rennen uns die Bude ein“,
       berichtete eine Mitarbeiterin. „Als Härtefälle können wir nur noch
       schwerkranke Menschen aufnehmen, selbst Hochschwangere haben fast keine
       Chance mehr.“ Am Ende mussten die Flüchtlinge enttäuscht wieder abziehen.
       Wann sie an ihr Geld kommen, wissen sie jedoch immer noch nicht.
       
       Silvia Kostner, Pressesprecherin des Lageso, verteidigte das Vorgehen der
       Behörden: In den Notunterkünften hätten die Menschen es „sicher und warm,
       sogar ihre Kinder werden betreut. Das ist doch schon ziemlich gut.“ Alle
       Menschen direkt nach der Ankunft registrieren zu lassen sei einfach nicht
       möglich, so Kostner.
       
       Canan Bayram, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im
       Abgeordnetenhaus, schätzt die Zahl nichtregistrierter Flüchtlinge in Berlin
       auf etwa 15.000 Menschen: nach Einschätzung der Juristin „ein krasser
       Verstoß gegen geltendes Recht.“ Den Menschen, die zum Teil monatelang auf
       ihre Registrierung warten, fehle es am Nötigsten, so Bayram. „Das führt zu
       einer Verelendung, die ihresgleichen sucht.“ Ihr seien schon Fälle zu Ohren
       gekommen, in denen sich Flüchtlinge für Bargeld prostituierten.
       
       3 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannah Wagner
       
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