# taz.de -- Anschlagserie in Paris: Eine langfristig geplante Aktion
       
       > Bislang gingen europäische Sicherheitsbehörden davon aus, dass so
       > genannte „lonely wolves“ die größte Gefahr sind. Was für ein Irrtum.
       
 (IMG) Bild: Ein Polizist neben einem verlorenen Schuh nahe des Bataclan.
       
       Berlin taz | Was für furchtbare Taten. In der vergangenen Nacht ist es in
       Paris an [1][mindestens sechs verschiedenen Orten zu Anschlägen gekommen].
       Über 120 Menschen wurden ermordet, 200 verletzt. Allein in der Konzerthalle
       Bataclan, wo eine Geiselnahme stattfand, sollen mindestens 80 Menschen
       getötet worden sein.
       
       Acht Attentäter sind tot, mindestens drei von ihnen töteten sich nach
       Polizeiangaben selbst, indem sie Sprengstoffgürtel zündeten. Ob weitere auf
       der Flucht sind, ist derzeit nicht bekannt. Frankreich hat, zum ersten Mal
       seit 1945, den Notstand für das ganze Land ausgerufen.
       
       Inzwischen hat sich der sogenannte Islamische Staat zu den Anschlägen
       bekannt. Die Dschihadisten verbreiteten eine entsprechende Erklärung im
       Internet. Die Ziele seien mit Bedacht ausgewählt worden, heißt es. Das
       Fußballstadion sei angegriffen worden, weil Staatspräsident Hollande dort
       war, das Konzerthaus, weil dort eine perverse Feier stattgefunden habe. Die
       Attentate sollen eine Vergeltung für die Beteiligung Frankreichs an den
       Luftangriffen in Syrien sein.
       
       Allerdings werden in dem Schreiben keine Insiderinformationen oder Details
       wie die Namen der Attentäter bekannt gegeben. Deshalb kann nicht
       zweifelsfrei gesagt werden, dass die Bekennung auch stimmt. Vieles aber
       spricht dafür.
       
       Bislang gingen die französischen, aber auch die deutschen
       Sicherheitsbehörden davon aus, dass derzeit so genannte „lonely wolves“ die
       größte Gefahr sind. Einzeltäter also, die sich bewaffnen und losziehen, um
       ein Zeichen zu setzen. Bei logistisch aufwändigeren Anschlägen, so die
       Analyse, sei die Gefahr zu groß, entdeckt zu werden. Was für eine
       Fehleinschätzung.
       
       ## Mindest acht Attentäter an mindestens sechs Orten
       
       Zwar hat Frankreich bereits mehrere Anschläge und Anschlagsversuche solcher
       Einzeltäter erlebt, darunter der Angriff vor der jüdischen Schule in
       Toulouse, bei der 2012 vier Menschen starben. Zuletzt im August hatten zwei
       US-amerikanische Soldaten in einem TGV in Nordfrankreich einen mutmaßlichen
       Terroristen überwältigt, der unter anderem mit einer Kalaschnikow und einem
       Dolch bewaffnet war.
       
       Doch schon der Anschlag auf „Charlie Hebdo“ und den koscheren Supermarkt im
       Januar, bei dem insgesamt 17 Menschen sowie die Attentäter starben, ließ an
       der Einzeltäterthese zweifeln.
       
       Die Ereignisse der vergangenen Nacht aber gehen über diese Taten weit
       hinaus. Mindestens acht Attentäter, schwerbewaffnet mit Sprengstoffgürteln
       und Kalaschnikows, traten an mindestens sechs Orten in Aktion – eine
       langfristig geplante Aktion, die von einer gut organisierten Gruppe erdacht
       und durchgeführt worden ist.
       
       ## Terror will Angst machen
       
       Fest steht: Die Gruppe hat unter dem Radar der Pariser Sicherheitsbehörden
       agiert. Das ist alarmierend, auch mit Blick auf den Weltklimagipfel, der
       Ende des Monats in der französischen Hauptstadt stattfinden soll, und die
       Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr.
       
       Der Angriff aber zielt nicht nur auf Frankreich. Er soll ganz Europa
       zeigen: Wir können auch hier, in euren Hauptstädten zuschlagen. Es könnte,
       da sind sich alle Experten einig, auch London, Wien oder Berlin treffen.
       Deutschland hat, das sagt selbst Verfassungsschutzchef Maaßen, bisher auch
       viel Glück gehabt.
       
       Noch wissen wir nicht, ob die Attentäter aus Frankreich stammen oder ob sie
       eingereist sind. Wer nun an die vielen Flüchtlinge aus Syrien denkt, die
       derzeit nach Europa kommen, sollte eines nicht vergessen: Es ist auch der
       Terror des Islamischen Staates, vor dem die Menschen nach Europa fliehen.
       
       Terror will Angst machen, islamistische Terroristen wie der IS zielen auf
       den Kern unseres Lebens: auf unsere Freiheit und Demokratie, auf eine
       Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, vielfältigen
       Meinungen und Lebensentwürfen friedlich zusammen leben. Schränken wir das
       ein, haben die Terroristen schon eine Schlacht gewonnen.
       
       14 Nov 2015
       
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