# taz.de -- Kommentar Nahost-Konflikt: Die Zeit drängt
       
       > Es droht eine neue Runde blutiger Gewalt im israelisch-palästinensischen
       > Konflikt. Nur Dritte können sie abwenden.
       
 (IMG) Bild: Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit: Eine palästinensische Frau geht an israelischen Grenzsoldaten in der Jerusalemer Altstadt vorbei.
       
       Als einen Konflikt im Nahen Osten, der noch eine Chance hat, gelöst zu
       werden, bezeichnete die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini letzte Woche
       in New York den israelisch-palästinensischen Konflikt. Sie kündigte eine
       neue internationale Initiative an. Die jüngsten Terrorattacken und
       Ausschreitungen sind Beweis genug, wie sehr die Zeit drängt.
       
       Hoffnungslosigkeit und der Mangel an Fortschritten in Richtung eines
       Arrangements, mit dem die Mehrheiten auf beiden Seiten leben können,
       schaffen eine Atmosphäre, in der Gewalt legitim erscheint. Eine dritte
       Intifada stehe vor der Tür, so schreiben israelische Zeitungen. Jetzt sind
       rasche Maßnahmen zur Deeskalation gefragt. Khalil Shkaki ist Chef eines
       führenden palästinensischen Umfrageinstituts. Er stellt beim Vergleich
       seiner aktuellsten Studie mit den im Sommer 2000 – wenige Wochen vor Beginn
       der Zweiten Intifada – eingeholten Daten, besorgniserregende
       Übereinstimmungen fest. Die Bereitschaft der Palästinenser, den bewaffneten
       Kampf gegen die Besatzung wieder aufzunehmen, wächst dramatisch. Die
       harsche Rhetorik der Führung in Ramallah ist wenig hilfreich, den Trend
       wieder umzukehren.
       
       Palästinenserpräsident Mahmud Abbas’ Ankündigung, die
       Sicherheitskooperation mit Israels Armee einzustellen, kommt indirekt einer
       Legitimierung der Gewalt gleich. Denn eine Eskalation wäre unausweichlich,
       sollte Abbas seine Drohung wahrmachen. Israels Führung auf der anderen
       Seite fällt nichts ein, als Gewalt mit Gewalt zu beantworten.
       
       Mehr Polizei, mehr Überwachungskameras, härtere Strafen und die Zerstörung
       der Familienhäuser palästinensischer Terroristen sind geplant – durchweg
       erprobte Maßnahmen, die ihr Ziel indes nie erreichten.
       
       Mit ihrem „Wir sind im Recht“-Mantra hetzen beide Führungen die Fanatiker
       gegeneinander auf, wo gerade jetzt auf Entspannung gesetzt werden müsste.
       Hunderte Todesopfer auf israelischer Seite forderte die Zweite Intifada und
       Tausende auf palästinensischer. Es war ein Kampf ohne Sieger. Israelis und
       Palästinenser halten zu auf eine neue Runde blutiger Gewalt. Ein Abwenden
       könnten nur Dritte leisten.
       
       5 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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