# taz.de -- Kolumne Unter Schmerzen: Schubsen hilft
       
       > Schon die Beatles haben es gewusst: Alles schmerzt. Immer. Zum Glück gibt
       > es vier Dinge, die helfen können. Zum Beispiel Schubsen.
       
 (IMG) Bild: Wedel, Schleswig-Holstein: Eröffnung einer John-Lennon-Ausstellung am 3. Oktober. Eben auch mit Help!-Cover
       
       Vorgestern kam sie endlich. Die erste LP, die ich in meinem Leben zweimal
       gekauft habe (die Fälle, wo man sich die LP auf CD „nachgekauft“, und
       später, als der Hype um die CD vorbei und Vinyl wieder cool war, die LP zur
       CD gekauft hat, zählen nicht): „Help!“, die fünfte Beatles. Keine Ahnung,
       wo die erste Ausgabe hin ist, sie muss irgendwo in den Ehekriegswirren und
       der späteren Gütertrennung meiner Eltern verloren gegangen sein. Jetzt ist
       sie wieder da, strahlt im neuen Glanze, nur die deutsche Übersetzung des
       begleitenden Beatles-Films, der hier tatsächlich „Hi-Hi-Hilfe!“ hieß, und
       der Sticker „Empfohlen von Hörzu“ fehlen. Aber das macht nichts.
       
       Auf dem Cover sieht man die vier Pilzköpfe, wie sie in marineblauer
       Funktionskleidung Signalzeichen bilden. Sollte eigentlich „Help“ heißen,
       das sah aber irgendwie nicht aus, fanden die Designer damals, also stellten
       die Beatles das Wort „Njuv“ dar.
       
       „Njuv“ ist aber keine Hilfe. Nach Lennons Eröffnung, dass er dem
       Superstartum nicht gewachsen war und er sich vielleicht deswegen in eine
       Affäre mit Manager Brian Epstein stürzte oder auch nicht, bevor dieser
       wegen seiner unerfüllbaren Homosexualität zwei Jahre später den Freitod
       wählte, folgen so einige Schmerzensäußerungen auf dieser Platte, die
       gemeinerweise auf die für die Fab Four übliche, aber durchaus
       weiterentwickelte Gute-Laune-Musik getextet worden sind. McCartney singt
       von verlorenen Liebschaften, gebrauchten Nächten, von Melancholie
       („Yesterday“) und dem Wunsch nach Objektersatz (“Another Girl“), Harrison
       von Nähe-Distanz-Problemen, Ringo Starr von Minderwertigkeitskomplexen, die
       er mit einer Filmkarriere auszuräumen trachtet.
       
       „Act Naturally“ heißt der Song. Er erinnert mich an eine Botschaft, die
       kürzlich auf Facebook stand. Auf Facebook gibt es neben Haustieren, Nazis
       und Flüchtlingen eben auch Lebensweisheiten, kleine Anweisungen, die
       hi-hi-hilfreich sein sollen. „[1][Vier Wege] zum Wohlgefühl“ zum Beispiel,
       die magische Zahl ist auch hier die Vier.
       
       ## Four Different Ways
       
       Man stelle sich erstens eine Frage: Wofür bin ich dankbar? Fürs
       Schreibenkönnen. Für diese Kolumne, das Vertrauen der Redakteurinnen und
       Redakteure, meine LeserInnen, meine Freunde, meine Familie (haha!), für die
       Frauen, die mich lieben oder geliebt haben.
       
       Man esse zweitens eine Banane.
       
       Man gebe drittens dem Gefühl einen Namen. WUT. (Weitere: Enttäuschung,
       Einsamkeit, Trauer – wieder vier.) Man treffe viertens eine Entscheidung,
       denn das macht glücklich.
       
       Ach, das mit der Banane gehörte gar nicht dazu. Das war nur
       dazwischengeklemmte Werbung. Dann eben viertens: Berühre eine andere
       Person.
       
       Bevor ich mich am Abend der Ankunft der Beatles-Platte mit einem Freund
       traf, den ich zur Begrüßung wie in Berlin üblich umarmte, war ich wie jeden
       Dienstag beim Reha-Sport. Es gab Übungen, die mich an das Winkeralphabet
       vom Help!-Plattencover (hier wie dort ohne Winkelemente) erinnerten, und es
       gab auch endlich mal wieder eine Berührung: In einer Paarübung durfte ich
       Frau Storch vom Gummiball schubsen.
       
       Das hat geholfen.
       
       2 Oct 2015
       
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 (DIR) [1] http://time.com/4042834/neuroscience-happy-rituals/
       
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 (DIR) René Hamann
       
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