# taz.de -- Landtagswahl in Österreich: Rechte Gewinne an der Donau
       
       > Die rechtsradikale FPÖ feiert in Oberösterreich den erwartbaren Wahlsieg.
       > Die hilflosen Etablierten sind trotzdem geschockt.
       
 (IMG) Bild: Flüchtlinge in Salzburg warten auf die Weiterfahrt.
       
       Als die ersten Hochrechnungen für die oberösterreichischen Landtagswahlen
       über den Bildschirm flimmerten, machte sich dann doch noch Schockstarre
       breit: Auf rund 36 Prozent fällt die konservative Volkspartei zurück, das
       ist ein Minus von rund 10 Prozent, die rechtsradikale Freiheitliche Partei
       (FPÖ) kommt auf bis zu 32 Prozent, die Sozialdemokraten stürzen von ihrem
       ohnehin historischen Tiefstwert von 25 Prozent noch einmal weiter auf 18
       Prozent ab. Die Grünen dürften mit Ach und Krach höchstens 11 Prozent
       erreichen und die liberal-konservativen Neos müssen zittern, ob sie die
       Vierprozenthürde überspringen können.
       
       Es ist der erwartete Triumph für die Freiheitlichen und deren Anführer
       Heinz-Christian Strache – neuerdings wegen seiner Orbán-Begeiserung auch
       „Stracheldraht“ genannt, und man darf darauf wetten, dass der allgemeine
       Spin in die Richtung gehen wird, dass sich „besorgte“ Bürger und
       Bürgerinnen wegen des Flüchtlingsstroms in Scharen der FPÖ in die Arme
       geworfen haben. Dabei war natürlich schon seit Monaten klar, dass etwa die
       FPÖ die Sozialdemokraten überflügeln würde und mit Abstand zweitstärkste
       Partei in Oberösterreich – das an der Grenze zu Bayern liegt – würde.
       
       Allein der Absturz der ÖVP hat sich erst in den vergangenen zwei Monaten
       abzuzeichnen begonnen und ist zumindest teilweise mit der Flüchtlingskrise
       verbunden – nämlich unter anderem eine Folge des Missmanagements der
       ÖVP-Innenministerin, deren Dilettantenpartie es schon im Frühsommer nicht
       geschafft hat, auch nur ein normales Erstaufnahmelager ohne Totalchaos zu
       organisieren. Böse Zungen behaupten, die Ministerin hätte das mit Absicht
       getan, um Flüchtlinge abzuschrecken – damit diese direkt nach Deutschland
       weiterziehen.
       
       Großer Verlierer dieser Wahl ist vor allem der oberösterreichische
       Landeshauptmann Josef Pühringer, der seit 12 Jahren der ersten
       schwarz-grünen Koalition in Österreich vorstand. Diese ÖVP-Grünen-Koalition
       hat nun ihre Mehrheit im Landtag verloren. Ob die ÖVP nun mit den
       siegreichen Freiheitlichen oder mit den selbst zertrümmerten
       Sozialdemokraten weiter regiert, ist offen. Skurrilerweise war der Schock
       für die Grünen am schlimmsten – die bis zuletzt darauf gehofft hatten, ihr
       Regierungspartner würde besser abschneiden, und nun trotz leichter
       Zugewinne aus der Regierung rausfliegen werden.
       
       Jetzt geht die Furcht vor der bundespolitischen Ausstrahlung dieses
       Wahlabends um. In zwei Wochen wählt Wien einen neuen Landtag und
       Gemeinderat, und die Sozialdemokraten, die hier seit 1919 (ausgenommen 12
       Jahre faschistischer und Nazidiktatur) regieren, bangen vor einem ähnlichen
       Debakel. Manche Demoskopen sehen sogar schon ein Kopf-an-Kopf-Rennen von
       SPÖ und FPÖ in Wien. Selbst wenn es nicht so schlimm kommt, ist ein Absturz
       der SPÖ von zuletzt 44 Prozent auf 37 Prozent auch in Wien durchaus
       realistisch.
       
       Nach dem oberösterreichischen Debakel ist kaum etwas auszuschließen – auch
       eine überstürzte Neuaufstellung der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP
       nicht. SPÖ-Kanzler Werner Faymann gilt länger schon als heißer
       Ablösekandidat – zu schlecht sind einfach seine Popularitätswerte.
       Nachfolgekandidaten sind etwa der Bahnchef Christian Kern, der in der
       Flüchtlingskrise eine hervorragende Figur machte, sowie der Fraktionschef
       der Sozialdemokraten im Bund, Andreas Schieder. Außenminister Sebastian
       Kurz könnte die ÖVP übernehmen.
       
       27 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robert Misik
       
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