# taz.de -- Interview zum Oldenburger Filfestival: „Wir bekommen Supersachen“
       
       > Das Oldenburger Filmfestival ist zwar international renommiert, in der
       > eigenen Stadt aber nicht unumstritten. Warum, das erklärt Festivalgründer
       > Torsten Neumann
       
 (IMG) Bild: Willkommen: das Psychogramm „Jack“ von Elisabeth Scharang eröffnet das 22. Internationale Filmfest Oldenburg.
       
       taz: Herr Neumann, das US-amerikanische Moviemaker Magazine zählt das
       Oldenburger Filmfest zu den 25 coolsten Festivals weltweit. Wieso ist es in
       Oldenburg umstritten? 
       
       Torsten Neumann: Ein Filmfestival, das der Kulturpolitik einer Stadt wie
       Oldenburg genehm wäre, müsste mit den in Deutschland bekannten Gesichtern
       und Filmen arbeiten. Ich staune immer wieder, wie schnell vergessen wird,
       welche Aufgabe solch ein Filmfestival hat und warum es Kulturförderung
       dafür gibt.
       
       Welche Aufgabe hat es denn? 
       
       Wenn man Film aus Kunst definieren will, ist es auch wichtig, eine
       verdrängte und schützenswerte Sektion vorzustellen. Dazu gehören heute
       selbst amerikanische Independent-Filme. Thorsten Ritter und ich haben das
       Festival 1994 ja nicht aus einem Verein oder einer städtischen Institution
       heraus gegründet, sondern aus Begeisterung und Abenteuerlust. Wir brauchten
       also nicht, wie die meisten anderen Filmfestivals, ein Programm nach dem
       Konsensprinzip machen.
       
       Wie sieht Ihr Programm aus? 
       
       Wir wollten von Anfang an ein kleines Programm mit eigenem Profil machen
       und als Thorsten aufhörte, habe ich es allein weitergeführt. Ich versuche
       noch immer, ein Kino nach Oldenburg zu holen, für das woanders immer
       weniger Platz ist. Es gibt ja was zwischen Mainstream und klassischem
       Arthouse-Kino.
       
       Zuletzt hat die Stadt die Fördergelder gekürzt, das Festivalprogramm wurde
       schlanker und seit 2014 wird der German Independence Award nicht mehr von
       einer internationalen Jury vergeben. Wie haben Sie diese Einschnitte
       weggesteckt?
       
       Wir haben immer vier bis fünf deutsche Filme für den Preis des besten
       deutschen Films eingeladen, der mit 8.000 Euro dotiert ist. Und da wurden
       auch Filme eingereicht, die genau das Kino repräsentieren, das wir suchen.
       Das ist jetzt entscheidend weniger geworden. Viele deutsche Filme kriegen
       wir einfach nicht mehr, weil andere Festivals mit Preisgeldern protzen.
       Wenn ein Produzent sich zwischen der guten Reputation in Oldenburg und der
       Chance auf einen Gewinn von 50.000 Euro entscheiden muss, dann ist das Ding
       weg bei uns.
       
       Ihr Festival hat sich einen treuen Freundeskreis in der amerikanischen
       Independent-Szene aufgebaut. Schauspieler wie Seymour Cassel oder Deborah
       Kara Unger kommen regelmäßig nach Oldenburg. Wird Ihre Filmauswahl dadurch
       nicht auch ein wenig einseitig und vorhersehbar? 
       
       Alle Festivals haben ihre Filmemacher und Schauspieler, die sie gern
       begleiten. Und bei uns gibt es oft diesen Umkehreffekt, dass Künstler uns
       sehr geholfen und andere Gäste zugeführt haben. In diesem Jahr haben wir
       Supersachen dadurch bekommen, dass Leute uns kennen und gerne wiederkommen.
       
       Welche Supersachen? 
       
       Zum Beispiel kommt der Regisseur Dennis Hauck, der schon zweimal mit seinen
       Kurzfilmen in Oldenburg war. Und bei Kurzfilmen zahlen wir keine
       Reisekosten, der ist also zweimal auf eigene Rechnung nach Oldenburg
       gekommen. Und in diesem Jahr hat er uns seinen ersten Spielfilm „Too Late“
       angeboten. Weil Joanna Cassidy mitspielt, zeigen wir auch Filme mit ihr wie
       „Blade Runner“ und „Under Fire“. Uns interessieren ja Menschen, die nicht
       ganz vorne stehen und von Festival zu Festival durchgereicht werden. Joanna
       Cassidy passt da ideal zu uns, weil sie eine gute Schauspielerin ist, aber
       nie ein großer Kinostar wurde.
       
       Sie legen viel Wert auf Festival-Trailer. In diesem Jahr spielt der
       Schauspieler Stacy Keach mit und preist das Filmfest mit Worten von William
       Shakespeare an. In einem schwachen Jahr schrieb ein Kritiker sogar, der
       Trailer sei besser als das Festival. Woher kommt dieses besondere Interesse
       an den Werbefilmen? 
       
       Am Anfang haben wir die Trailer als Anti-Werbung verstanden. Die werden ja
       immer bundesweit in Programmkinos gezeigt und wir dachten, warum sollen wir
       in München oder Berlin die Leute dazu auffordern nach Oldenburg zu kommen?
       Deshalb haben wir mit viel Selbstironie gearbeitet, und das hat wiederum
       den Leuten in Oldenburg gut gefallen. Bei solch einem guten Feedback wurde
       dann der Ehrgeiz bei uns angestachelt.
       
       Seit zehn Jahren ist die Justizvollzugsanstalt Oldenburgs eine der
       Spielstätten des Festivals. Wie ist es dazu gekommen? 
       
       Ich habe den Anstaltsleiter Gerd Koop mal beim Bier getroffen und wir
       wollten was zusammen machen. Dann hatte ich den Film „Mein Freund der
       Mörder“ von Peter Fleischmann im Programm, der ideal zum Knast passte. Im
       zweiten Jahr wurden die entscheidenden Weichen gestellt und von da haben
       wir jedes Jahr im Gefängnis Filme aus dem ganz normalen Programm gezeigt.
       Das ist noch immer einzigartig. So haben die Insassen die Gelegenheit, am
       kulturellen Leben in der Stadt teilzunehmen und für das Publikum ist die
       Justizvollzugsanstalt ein sehr exotischer Ort.
       
       Das Festival im Internet: www.filmfest-oldenburg.de
       
       9 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wilfried Hippen
       
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