# taz.de -- Psychologe über Drogenpolitik in Urugay: „Das sind keine Karamellbonbons“
       
       > Mit dem Strafrecht lässt sich Drogenhandel nicht wirksam regulieren. Das
       > zumindest glaubt Milton Romani vom urugayischen Drogenausschuss.
       
 (IMG) Bild: In Montevideo wächst das Gras in den Himmel.
       
       taz: Herr Milton Romani, wird Uruguay zum Cannabisparadies? 
       
       Milton Romani: In Uruguay war und ist der Besitz jeglicher Drogen für den
       persönlichen Gebrauch nicht strafbar. Immer schon war eine vernünftige
       Menge erlaubt und was vernünftig ist, bestimmte ein Richter. Bisher wurde
       der Cannabismarkt über das Strafrecht reguliert, mit Strafen, Repressionen
       und Einschränkungen. Diese Form der Regulierung ist jetzt durch eine andere
       Marktregulierung ersetzt. Deshalb kann von einer Liberalisierung keine Rede
       sein. Es wird einen regulierten Markt für Cannabis geben. Und das alles
       gilt nur für Uruguayer.
       
       Aber unter dem neuen Präsidenten scheint das nicht wirklich voranzukommen. 
       
       Tabaré Vásquze hat ein klares Zeichen gegeben mit dieser Politik
       fortzufahren. Aber wir regulieren hier nicht den Markt für Karamellbonbons.
       Es ist völlig normal, dass mit einem Wechsel an der Staatsspitze in allen
       staatlichen Bereichen eine Revision und ein Personal- und Rhythmuswechsel
       einhergehen. Uns hat dies mitten im Auswahlverfahren für die Lizenzvergabe
       für den staatlichen Anbau erwischt. Und um alles in Ruhe prüfen zu können,
       haben wir die Frist verlängert. Dennoch, wir haben 2600 registrierte
       Eigenanbauer und die Clubs im Zulassungsverfahren. Das bedeutet auch, dass
       die Aktivsten unter den Cannabisbewegten Vertrauen in das Reglement haben.
       Der Erfolg des regulierten Marktes hängt vom deren Vertrauen ab.
       
       Worin unterscheidet sich das Vorhaben Uruguay von denen anderer Staaten? 
       
       Es geht um das Menschenrecht auf den Genuss. Es geht darum, einen sicheren
       Raum für registrierte Eigenanbauer, für registrierte Clubmitglieder und für
       registrierte Konsumenten zu schaffen, wobei letztere in absehbarer Zeit
       ihren persönlichen Konsum von 40 Gramm im Monat mit dem Kauf in Apotheken
       abdecken können. Und es geht um ein Vertrauensverhältnis zu den 160.000
       Konsumenten, die heute bereits konsumieren und mit dem regulierten Markt
       ein anderes Verhältnis zum Staat haben werden. Es wird keinen freien Markt
       geben, keine Konkurrenz, keine Markennamen und keine Werbung für
       unterschiedliche Marihuanasorten. Der Verkauf über die Apotheken wird mit
       einer Informations- und Vorbeugungskampagne über die Risiken des Konsums
       einhergehen.
       
       Der Staat als Cannabisproduzent und -verkäufer, tun sich da neue
       Finanzquellen auf? 
       
       Die Absicht des Gesetzes ist nicht die Absatzsteigerung. Auch wenn wir
       inzwischen gemerkt haben, dass sich durch den Verkauf von Cannabis für
       medizinische und nicht-medizinische Zwecke und in der kontrollierten
       industriellen Produktion der Pflanzen, eine neue staatliche Einnahmequelle
       auftut. Doch in dieser Hinsicht ist nichts geplant.
       
       Wer garantiert, dass Uruguay zukünftig nicht in den Cannabisexport
       einsteigt? 
       
       Die Samen für den uruguayischen Cannabis haben einen genetisch
       Charakterzug, der es erlaubt, einen möglichen Grenzübertritt
       nachzuverfolgen. Das heißt für unsere unmittelbaren Nachbarstaaten
       Brasilien und Argentinien, dass ein möglicher Schmuggel mit staatlich
       produziertem Cannabis nachprüfbar ist.
       
       Befürchten sie internationale Sanktionen? 
       
       Ich habe dieses Vorhaben vor allen internationalen Gremien vertreten und
       verteidigt. Es mag sein, dass von einigen moralisch rigiden Staaten noch
       kritisches zu hören sein wird, aber tatsächliche internationale Sanktionen
       gegen Uruguay sehe ich nicht. Es hat auch nie entsprechende Drohungen
       gegeben, weder von den USA noch von der EU noch von der OAS. Was wir ja
       spüren, sind Respekt, Sympathie, Interesse und Neugierde, auch auf der
       letzten Sitzung des Internationalen Suchtstoffkontrollrat in Wien 2014. In
       Lateinamerika und in der Karibik ist es weitgehend Konsens, dass der
       Drogenkrieg gescheitert ist. Und wir unterstürzen den Vorstoß einiger
       Länder 2016 bei der außerordentlichen Sitzung des Internationalen
       Suchtstoffkontrollrat in New York die ganze Problematik der Drogen neu zu
       diskutieren.
       
       Denkt Uruguay an die Regulierung anderer Drogen? 
       
       Präsident Vásquez hat in einem Interview auf die Frage, ob Kokain das
       nächste Verkaufsprodukt sein wird, folgendermaßen geantwortet: wenn dieses
       Cannabisgesetz tatsächlich nützt, warum nicht? Dass bedeutet nicht dass
       dies in Uruguay vorbereitet wird. Aber, wenn die Erfahrung zeigt, dass
       Cannabis auf eine andere Art und Weise als mit dem Strafgesetzbuch
       kontrollierbar ist, dann würde ich ja sagen.
       
       31 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
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