# taz.de -- „Filterblasen“ bei der Internetnutzung: Ungesunde Infohäppchen
       
       > Wer Google oder Facebook nutzt, landet in der Filter-Blase: vermeintlich
       > Unliebsames wird herausgefiltert. Es gibt immer mehr vom Gleichen.
       
 (IMG) Bild: Wohin man schaut, alles ist ähnlich.
       
       Berlin taz | Den Suchbegriff „Egypt“ bei Google eingeben. Und schauen, was
       rauskommt. Nachrichten über die Situation vor Ort? Oder Reisetipps mit
       Bildern von Dünen und Kamelen?
       
       Das ist ein Beispiel, mit dem der Autor Eli Pariser 2011 den Begriff der
       Filter Bubble prägte. Der Gedanke: Zahlreiche Web-Angebote packen den
       Nutzer in eine Blase. Sie setzen ihm die Happen vor, von denen der Dienst
       meint, dass der Nutzer sie haben will. Dafür enthalten sie ihm andere,
       vermeintlich ungewollte Stücke vor.
       
       Das klingt erst mal nach Service. Schließlich ist quasi der Arbeitsauftrag
       eines Nutzers an die Suchmaschine: Zeig mir die relevanten Links zum
       Suchwort oben auf einer Liste an, die weniger relevanten unten. Das Problem
       ist: Die Frage „Was ist relevant“ beantwortet die Suchmaschine selbst. Und
       auf einer Basis, die für den Nutzer nicht transparent ist.
       
       Als Pariser vor vier Jahren den Begriff der Filter Bubble prägte, ging es
       noch primär um Informationen. Nachrichten, Google, Facebook, Yahoo. Doch
       die Blase wird größer. Heute gibt es kaum noch einen kommerzialisierten
       Bereich im Netz, der ohne sie auskommt. Amazon praktiziert seit Jahren sehr
       erfolgreich eine Filter Bubble bei Waren, die meisten Onlineshops haben
       nachgezogen.
       
       ## Vergangenheit bestimmt Zukunft
       
       Streamingdienste orientieren sich an Hörgewohnheiten, Videodienste an den
       in der Vergangenheit präferierten Serien und Genres. App-Stores schlagen
       dem Nutzer Anwendungen vor, die er noch brauchen könnte, Hotelvermittler
       werden einem Urlauber, der stets mit seiner Familie nach Italien fährt,
       kaum einen Trip zu zweit nach Skandinavien vorschlagen. Die Devise: Immer
       mehr vom Gleichen. Pariser sprach damals von „Information Junkfood“. Eine
       unausgewogene Ernährung statt ein bisschen von allem. Auch dem, was einem
       vielleicht nicht so schmeckt.
       
       Die Filter Bubble basiert auf zwei Mechanismen, von denen jeder für sich
       schon problematisch genug ist. Das eine ist das massenhafte Sammeln
       persönlicher Informationen über die Nutzer. Wer sich ohne spezielle
       Anonymisierungswerkzeuge im Internet bewegt, hinterlässt Spuren. Von
       Interessen, Vorlieben und finanzieller Situation über – mutmaßliches –
       Alter und Geschlecht bis hin zum Standort. Das zweite Problem: Unternehmen
       werten diese Daten aus und ziehen daraus Schlüsse – auf einer Basis, die
       der Nutzer nicht kennt.
       
       Wie sehr sich das in der Praxis auswirken kann, zeigt nicht nur das
       Beispiel Ägypten. Ein Team der Carnegie Mellon University und des
       International Computer Science Institute untersuchten, welche Jobanzeigen
       Googles Werbenetzwerk seinen Nutzern präsentiert. Und fanden laut der im
       Frühjahr publizierten Studie heraus: Nutzer, die von Google als männlich
       identifiziert wurden, bekamen mit höherer Wahrscheinlichkeit hochbezahlte
       Führungsjobs angeboten als solche, die als weiblich identifiziert wurden.
       
       ## Die Welt wird kleiner
       
       Das muss nicht an Google liegen, schließlich können Drittanbieter von
       Anzeigen selbst Kriterien für Nutzer definieren, denen die Anzeigen
       ausgeliefert werden. Doch das ethische Problem ist das gleiche wie bei der
       Filter Bubble: ein Algorithmus, der auf einer für den Nutzer nicht
       nachvollziehbaren Datengrundlage Ergebnisse ausspuckt und ihn so
       beschränkt.
       
       Und die Blase ist bereits dabei, sich auf den nächsten Bereich auszudehnen:
       den Haushalt. Thermostate, die automatisch nach Uhrzeiten, Wetterlagen und
       Schlafgewohnheiten die Wohnung heizen oder kühlen, gibt es bereits;
       nächster Schritt sind weitere sich vernetzende Hausgeräte. Sie verkleinern
       die Welt innerhalb des Filters nicht nur um Wissen, Nachrichten,
       Unterhaltung, Konsum. Sondern auch ganz direkt um Handlungsoptionen. Warum
       abends noch ausgehen, wenn doch schon die Wohnung geheizt wird? Warum
       Kirschjoghurt kaufen, wenn doch schon die automatische Bestellung für den
       Einkauf samt Erdbeerjoghurt rausgegangen ist?
       
       Natürlich, das lässt sich alles ausstellen, ändern, ignorieren. Es lassen
       sich auch Browser-Cookies löschen, Anti-Tracking-Tools installieren und die
       Suchmaschine wechseln, um der Blase zu entfliehen. Laut dem Analyseportal
       Statcounter lag in Deutschland der Marktanteil des Google-Suchdienstes im
       Juni bei 93 Prozent.
       
       4 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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