# taz.de -- Senioren gegen Kommerzialisierung: Pflege auf dem Markt
       
       > Bewohnervertretung kritisiert den Verkauf von Pflegeheimen der „Residenz
       > Gruppe“ an einen internationalen Investor.
       
 (IMG) Bild: Keine Spur vom Verkaufs-Trubel: Seniorenheim am Rosenberg.
       
       BREMEN taz | Der jüngste Eigentümerwechsel von Bremer Seniorenheimen sorgt
       für Unruhe bei einer Selbsthilfe-Initiative für HeimbewohnerInnen.
       Vergangene Woche hatte Unternehmer Rolf Specht seine Anteile an zwei
       Betreibergesellschaften der „Residenz-Gruppe“ an den internationalen
       Investoren Orpea verkauft. Daran hängen insgesamt 34 Einrichtungen mit rund
       2.500 Pflegeplätzen in Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
       Hessen. Die in Frankreich ansässige Orpea-Gruppe unterhält bereits 64.000
       Heimplätze. Der vier Milliarden Euro schwere Pflegekonzern gehört zu den
       größten Europas.
       
       Für Reinhard Leopold von der Selbsthilfe-Initiative „Heim-Mitwirkung“ ist
       die Größe des börsennotierten Unternehmens ein Grund zur Sorge.
       „Aktienunternehmen haben primär die Interessen ihrer Anleger zu
       befriedigen“, sagte er zur taz. Daraus resultierten Sparzwänge, die
       langfristig unweigerlich beim Personal landen und so Pflegestandards weiter
       aushöhlen würden.
       
       Zur Größe des Käufers äußerte sich auch Unternehmer Specht, nur sieht er
       gerade darin eine Chance für die Zukunft der Pflege. Derartige
       Unternehmensstrukturen, sagte er, seien nämlich eher als kleine
       Einrichtungen in der Lage, als politische Einheit aufzutreten. So könnten
       sie für den „gesellschaftspolitischen Stellenwert von stationären
       Pflegeeinrichtungen für die letzte Phase des Lebens der Menschen“
       eintreten, sagte Specht.
       
       Für den Aktivisten Leopold ist das nicht nur Schönfärberei, sondern auch
       inhaltlich eine „hochgefährliche Aussage“. Denn dieses politische
       Auftreten, von dem Specht spreche, sei nichts anderes als „gefährlicher
       Lobbyismus“. Und der habe in der Vergangenheit nie im Sinne von
       HeimbewohnerInnen gewirkt. Ganz im Gegenteil sei etwa das gerade Anfang des
       Jahres in Kraft getretene „Pflegestärkungsgesetz I“ auf Druck aus der
       Wirtschaft politisch durchgewunken worden. Das Gesetz ermöglicht den
       Einsatz niedrig qualifizierter Hilfskräfte, die ausgelasteten PflegerInnen
       Arbeiten abnehmen sollen. „Eigentlich sind die nur zum Bespaßen
       vorgesehen“, sagt Leopold. Tatsächlich aber würden sie regelmäßig auch in
       der Pflege eingesetzt. Das sei nicht nur ein arbeitsrechtliches Problem:
       Wenn jemand unausgebildet etwa mit dementen Menschen arbeite, so Leopold,
       könne das schlimmstenfalls sogar zu Gewalt führen.
       
       Specht hatte bereits vor zwei Jahren versucht, Heime abzustoßen. Der
       geplante Deal mit der bayrischen „Silver Care Holding“ kam nicht zustande,
       inzwischen wurde dieser Interessent seinerseits von Orpea übernommen.
       Loswerden will Specht die Heime nach eigenen Angaben aus Altersgründen. Im
       Geschäft mit der Pflege wird der 63-Jährige aber weiterhin tätig sein –
       etwa als geschäftsführender Gesellschafter eines ambulanten Pflegedienstes
       sowie eines Trägers seniorengerechter Wohnungen.
       
       Immerhin scheinen die Jobs der derzeit in den verkauften Einrichtungen
       Beschäftigten nicht auf dem Spiel zu stehen. Alle Angestellten und auch die
       Geschäftsführer Frank Markus und Carsten Adenäuer sollen nach
       Unternehmensangaben bleiben. Zudem soll ihre Bremer Niederlassung zu Orpeas
       neuer Norddeutschlandzentrale ausgebaut werden, was möglicherweise weitere
       Arbeitsplätze in der Verwaltung schaffen oder nach Bremen verlagern könnte.
       
       Für Leopold ist das ein schwacher Trost. Denn selbst wenn die Stellen
       tatsächlich auch langfristig bleiben sollten, müsse man doch sehr genau
       hinsehen, mit welcher Qualifikation sie besetzt würden, wenn
       MitarbeiterInnen ausstiegen oder in den Ruhestand gingen. Das könne man nur
       abwarten, sagt Leopold – „sonderlich optimistisch bin ich allerdings
       nicht“.
       
       29 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan-Paul Koopmann
       
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