# taz.de -- Kommentar Anschlag in der Türkei: Erdoğan muss Position beziehen
       
       > Die türkische Führung ist nun gezwungen, gegen den IS aktiv zu werden.
       > Alles andere wäre eine Kriegserklärung an die Kurden.
       
 (IMG) Bild: Nach dem Anschlag: Angehörige trauern am Sarg eines Opfers am Dienstag in Gaziantep
       
       Auch wenn es bislang kein Bekennervideo des sogenannten Islamischen Staats
       gibt: Sowohl die konkreten Ermittlungen als auch der politische
       Zusammenhang sprechen dafür, dass der IS für das Massaker an den
       Jungsozialisten im südtürkischen Suruç verantwortlich ist.
       
       Die erste Reaktion der Regierung in Ankara ist eine Aufstockung der
       Militärpräsenz entlang der syrischen Grenze. Doch das Attentat in Suruç
       stellt nicht nur die Arbeit von Militär und Sicherheitsdiensten infrage. Es
       wurde aus politischen Gründen verübt und erfordert eine politische Antwort.
       Der IS wollte sich mit dem Anschlag für die Niederlage im syrischen Kobani
       rächen, aus dem ihn die Kurden vertrieben hatten. Vor allem aber wollte er
       den Zwist zwischen der kurdischen Bewegung und der Regierung weiter
       vertiefen.
       
       Schon im Wahlkampf hatte Präsident Erdoğan getönt, es gebe keine kurdische
       Frage mehr, über die noch verhandelt werden müsse. Seit seiner
       Wahlniederlage, für die er die kurdische HDP mitverantwortlich macht, gibt
       es erst recht keine Friedensgespräche mehr.
       
       Der Terroranschlag in Suruç wird die Regierung und vor allem Präsident
       Erdoğan nun zwingen, eindeutig Position zu beziehen. Wenn die gegenwärtige
       Interimsregierung unter dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Ahmet
       Davutoğlu mit Erdoğan im Hintergrund jetzt nicht eindeutig gegen den IS
       aktiv wird – und zwar sowohl innerhalb der Türkei als auch in der
       internationalen Anti-IS-Koalition –, kommt das einer indirekten
       Kriegserklärung gegen die Kurden gleich.
       
       Das wäre gleichzeitig eine Entscheidung gegen eine Koalitionsregierung,
       denn der mögliche Koalitionspartner von Erdoğans AKP, die CHP, fordert eine
       Abkehr von der Unterstützung der Islamisten in Syrien. Neuwahlen im Herbst
       wären die Folge. In der Hoffnung, rechte Wähler zurückzugewinnen, würde
       Erdoğan dann ganz unverhohlen die nationalistische, antikurdische Karte
       spielen.
       
       21 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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