# taz.de -- Freihandelsabkommen TTIP: Grüne Einheitsfront bröckelt
       
       > TTIP muss man kritisch sehen? Nicht alle Grünen denken das. Minister aus
       > Hessen und Rheinland-Pfalz zeigen sich offen für das Abkommen mit den
       > USA.
       
 (IMG) Bild: Lecker Steak mit Hormonen – so sah TTIP-Protest der Grünen in Hamburg im vergangenen Jahr aus
       
       BERLIN taz | Die grünen Wirtschaftsminister von Hessen und Rheinland-Pfalz,
       Tarek Al-Wazir und Eveline Lemke, haben sich für einen Handelsvertrag
       zwischen der EU und den USA ausgesprochen. „Freihandelsabkommen wie die
       Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und das
       Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada (Ceta) sind wichtige
       Bausteine transatlantischer Partnerschaft“, loben die Ressortchefs von Bund
       und Ländern in einem [1][Beschluss], dem auch die beiden Grünen zugestimmt
       haben.
       
       Ausdrücklich wird darin der Vorschlag von Bundesminister Sigmar Gabriel
       (SPD) für „einen europäisch-amerikanischen Handelsgerichtshof“ anstelle der
       bisher üblichen privaten Schiedsgerichte begrüßt. Dort könnten Konzerne
       Staaten verklagen, wenn sie ihre Gewinne etwa durch Gesetze geschmälert
       sehen.
       
       In „der Vereinbarung gemeinsamer Standards liegt großes Potenzial“, so die
       Minister. „Schutzniveaus, z. B. für Verbraucher, Umwelt, Gesundheit und
       öffentliche Daseinsvorsorge, dürfen dabei nicht zur Disposition stehen.“
       Wenn höhere US-Schutzstandards vereinbart würden, sei man dafür offen.
       
       Insgesamt gelte, dass „wachsende sicherheitspolitische Risiken“ eine „noch
       engere Zusammenarbeit rechtsstaatlicher Demokratien“ unabdingbar machten.
       Die Wirtschaftsministerkonferenz fällte den einstimmigen Beschluss bereits
       Mitte Juni in Hamburg, das Abstimmungsverhalten der Grünen fand aber
       bislang kaum Beachtung.
       
       Auf der Internetseite der Bundespartei steht in großen Lettern „[2][Stop
       TTIP!]“. Die Bundesdelegiertenkonferenz hatte Ende November Aussagen wie
       „Keine Klageprivilegien für Konzerne“ beschlossen. Die Haltung der Länder
       und der Grünen, die dort mitregieren, ist wichtig, weil wahrscheinlich auch
       der Bundesrat den Abkommen zustimmen müsste. Deshalb tun TTIP-Gegner das
       Votum der beiden grünen Minister auch nicht als unbedeutende Verirrung von
       Außenseitern ab.
       
       ## Aktivisten wollen kritischen Dialog intensivieren
       
       „Das sieht das gesamte Bündnis [3][‘TTIP unfairhandelbar‘] kritisch“, sagte
       Maritta Strasser, von [4][Campact] und der Europäischen Bürgerinitiative
       [5][“Stop TTIP“] der taz. Deshalb hätten die Aktivisten beschlossen, ihren
       „kritischen Dialog mit den Grünen in diesen Ländern zu intensivieren“.
       
       Ihre Argumente: Handelsabkommen seien kein sicherheitspolitisches
       Instrument. „Im Gegenteil: Auslöser des schlimmen Bürgerkrieges in der
       Ukraine war ein Handelsabkommen mit der EU.“ Strasser sprach von
       „Desinformation, auf die die Grünen da offenbar hereingefallen sind.“
       
       Das [6][Umweltinstitut München kritisierte], dass auch der von den grünen
       Ministern befürwortete Handelsgerichtshof Sonderrechte für Konzerne
       schaffen würde. Al-Wazir [7][antwortete] darauf bei Twitter: „Ist dann auch
       der Internationale Strafgerichtshof ein ‚Sonderrecht‘?“ Woraufhin Strasser
       entgegnete: Derartige Gerichte würden Klagen nur dann annehmen, wenn der
       nationale Rechtsweg ausgeschöpft wurde oder nicht offenstehe.
       Rheinland-Pfalz’ Ministerin [8][Lemke] ihrerseits bestritt, dass der
       Beschluss der Minister pro TTIP sei, da er sich doch zum Beispiel für hohe
       Umweltstandards einsetze.
       
       Der Bundesvorstand der Grünen beharrte darauf, dass die Grünen in den
       Ländern, im Bund und in Europa in ihrer „Kritik an TTIP“ einig seien. Sie
       würden „undemokratische Klageprivilegien für Konzerne“ weiterhin ablehnen,
       teilte das Führungsgremium der taz mit. Mit der Einigkeit scheint es aber
       nicht weit her zu sein: Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im
       Europaparlament, Sven Giegold, twitterte: „Der Beschluss der
       Wirtschaftsminister ist ein [9][schlechter Kompromiss].“
       
       16 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wirtschaftsministerkonferenz.de/WMK/DE/termine/Sitzungen/15-06-17-18-WMK/14-06-04-05-beschluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2
 (DIR) [2] http://www.gruene.de/ueber-uns/jetzt-erst-recht-ttip-und-ceta-stoppen.html
 (DIR) [3] http://www.ttip-unfairhandelbar.de/start/wer-wir-sind/
 (DIR) [4] http://www.campact.de/
 (DIR) [5] http://stop-ttip.org/de/
 (DIR) [6] http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/gruene-fuer-ttip-wir-haken-nach.html
 (DIR) [7] http://twitter.com/talwazir/status/611936689125261312
 (DIR) [8] http://www.mwkel.rlp.de/Aktuelles/Presse/Pressemeldungen/TTIP-Klarstellung-des-Beschlusses-der-Wirtschaftsminister/
 (DIR) [9] http://twitter.com/sven_giegold/status/611937862687309825
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) USA
 (DIR) Europa
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Protest gegen Handelsabkommen TTIP: Wie einst im Bonner Hofgarten
       
       Dutzende Organisationen rufen zur Demo gegen TTIP am 10. Oktober in Berlin
       auf. Die Terminwahl sei aber ein historischer Zufall, betonen sie.
       
 (DIR) Handelsabkommen TTIP weniger geheim: Zwei Tage Transparenz in der Woche
       
       Regierungsmitglieder dürfen TTIP-Dokumente lesen. Sigmar Gabriel will, dass
       auch Abgeordnete Einblick in die Unterlagen haben.
       
 (DIR) TTIP und Datenschutz: Der Kampf um die Datenhoheit
       
       Die USA machen mit persönlichen Daten ein Riesengeschäft. Sie versuchen,
       den Datenschutz in der EU über TTIP aufzuweichen.
       
 (DIR) TTIP-Abstimmung im Europa-Parlament: Die Industrie jubelt
       
       Das Gremium hat sich für die Klagerechte von Investoren im
       Freihandelsabkommen ausgesprochen. Die Kritiker sind empört.
       
 (DIR) Gesetzgebung zu Freihandel: TTIP endlich im EU-Parlament
       
       In Straßburg beginnt die Debatte über das Abkommen zwischen EU und USA.
       Zahlreiche Kritiker machen Druck gegen die privaten Schiedsgerichte.
       
 (DIR) Obama und das Freihandelsabkommen: Großer Tag für das große Geld
       
       Der US-Senat macht den Weg frei für eine baldige Abstimmung über das „Fast
       Track“-Gesetz – nach anfänglichem Widerstand.