# taz.de -- Medien fallen auf Studie rein: Die Schokolüge
       
       > Schokolade hilft bei Diäten, so das Ergebnis einer Studie. Cool, dachten
       > sich Boulevardblätter, das drucken wir. Doof – die Studie war ein
       > Schwindel.
       
 (IMG) Bild: Keine Wissenschaft, nur Schokoquatsch
       
       „Diese Studie schmeckt uns: Wer Schokolade isst, bleibt schlank! Schokolade
       wirkt als Diät-Turbo und kann den Jo-Jo-Effekt vermindern!“, titelte die
       Bild-Zeitung. Focus Online wusste auch um den „erstaunlichen Effekt:
       Schokolade macht nicht dick – sondern schlank. Das behauptet jedenfalls ein
       Institut aus Mainz. Schokolade wirkt demnach als eine Art
       Diät-Beschleuniger“. Denn die Pressemitteilung des „Institute for Diet and
       Health“ war mehr als eindeutig: „Neueste Studien beweisen: Schokolade hilft
       beim Abnehmen! Der Fettabbau wird beschleunigt, der Jo-Jo-Effekt minimiert
       und das psychische Wohlbefinden gestärkt“. Der Sommer konnte also kommen.
       
       Anfang des Jahres konnte man viel über die Sensationsdiät lesen. Neben Bild
       und Focus veröffentlichten diverse Frauen- und Fitnessmagazine die Meldung.
       Die Nachricht über die süße Wunderdiät schaffte es gar nach Australien und
       Nigeria. Das Problem: Alles Blödsinn. Das Institut gibt es nicht, die
       Studie ist wissenschaftlicher Quatsch. Alles inszeniert.
       
       Dahinter stecken die Journalisten Diana Löbl und Peter Onneken. Sie haben
       sich die Story ausgedacht, spielten selbst in weißen Kitteln
       Ernährungsforscher, bauten eine mies gemachte Institutswebseite. Mit 15
       Probanden führten sie die vermeintliche Studie durch. Ein völlig sinnfreies
       Design. Ihr Ziel: Ergebnisse. Egal wie. Ihre Frage: Schaffen es die
       Ergebnisse dennoch in die Medien?
       
       Hat geklappt. Die Boulevardblättchen bissen an.
       
       Am Mittwoch wurde der Schwindel nun aufgelöst. Onneken attestiert seinen
       Journalistenkollegen: „Das Business stinkt, und wir Journalisten machen
       mit.“ Denn die Journalisten kopierten die falsche Pressemeldung fast Wort
       für Wort. Den Verlauf ihres Fakes haben Onneken und Löbl in der Arte-Doku
       „Schlank durch Schokolade. Eine Wissenschaftslüge geht um die Welt“
       festgehalten. Die Doku wird Anfang Juni bei Arte ausgestrahlt.
       
       ## Informationsjongleure statt kritische Berichterstatter?
       
       Was sagt das jetzt aber über das Selbstverständnis der Medienschaffenden?
       Pseudoereignisse mit Berichterstattungsgarantie und Sensationscharakter
       müssen ins Blatt, das steigert immerhin die Auflage. Schokolade und
       Abnehmen zieht eben.
       
       Die Fingerfertigkeit von geschickt agierenden PR-Schaffenden trifft auf
       einen krisengebeutelten Journalismus und der verliert so immer mehr an
       Souveränität und Glaubwürdigkeit. Redaktionsetats werden gekürzt,
       Lokalzeitungen müssen immer mehr Seiten mit immer weniger Journalisten
       füllen, haben wenig Zeit für Recherche und ausführliche Gegenkontrollen von
       Informationen.
       
       Laut Studie (diesmal wissenschaftlich haltbar) der Uni Leipzig wurden in
       knapp zehn Prozent aller Artikel im Lokalteil der untersuchten
       Tageszeitungen Pressemitteilungen schlicht nachgedruckt.
       
       Das Gebot der Stunde scheint: Informationsjongleur statt kritischer
       Berichterstatter, Nutz- und Verkaufswerte von Informationen werden
       wichtiger als Quellen oder Hintergründe.
       
       Der Deutsche Presserat kritisiert den großen Einfluss der PR-Leute auf
       redaktionelle Inhalte schon lange und sieht die „Unabhängigkeit der
       Berichterstattung“ gefährdet.
       
       Ganz so schlecht steht es nun aber doch nicht um den Journalismus, denn
       abseits von Bild, Focus und Co. veröffentlichte immerhin keine der
       sogenannten Qualitätszeitungen den Schokoquatsch.
       
       28 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maxi Beigang
       
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