# taz.de -- Kontra Schwarz-Grün: Die Union hat die Grünen nicht verdient
       
       > Die erste schwarz-grüne Koalition auf Länderebene ist möglich. Darf es
       > sie aus ideologischen Gründen überhaupt geben? Eine grüne Zerreißprobe.
       
 (IMG) Bild: Die Union ist noch nicht reif, die Golfclubs und Tennisplätze dieser Republik hinter sich zu lassen.
       
       Sie sind Mitglieder in Rotary-Clubs, halten Golf für eine Volkssportart und
       Dönerbuden sowie Falaffelläden in bestimmten Stadtteilen für eine Kette von
       Indizien, die auf Verslumung deuten. CDU-Leute fallen überall auf,
       unangenehm vor allem da, wo es echte Probleme gibt: Armut und Hysterie,
       Geschrei und Verzweiflung. Menschen, die auf konservative Gesinnung halten,
       sehen die Welt nie von unten, sondern von oben. Selbst wenn sie es nach
       oben noch weit haben, genau da wollen sie hin. Egalität, Gleichberechtigung
       bleibt ihnen fremd.
       
       Schwarz-Grün geht politisch wie kulturell gar nicht. Klar, eine solche
       Koalition mag im Sinne des Machterhalts wie des Machterwerbs Sinn stiften
       und Ideen beflügeln, weiterhin oder endlich wieder etwas zu sagen zu haben.
       Aber in dieser Hinsicht wäre ungefähr eine Allianz zwischen Linken und
       Christsozialen ebenso naheliegend, nämlich überhaupt nicht. Die Schwarzen
       tun doch nur so, als hätten sie Grünes inzwischen in ihren Bildern von
       einer wirklichen Welt mit eingeschmolzen. In Wahrheit stehen sie für all
       das, was Grüne nicht wollen können. Einer wie Roland Koch in Hessen
       dokumentiert doch, dass auf die Christunierten kein Verlass ist. Wahlkämpfe
       mit rassistischen Ressentiments zu führen wie 1999 oder wie neulich, als
       der hessische Amtsinhaber, orchestriert vom kleinbürgerlichen Wahn der
       Bild-Zeitung und anderen Medienaufheizern, tatsächlich missliche
       Versäumnisse in der Jugend- und Integrationspolitik nutzte, um sich als
       inhumanen Stahlhelmer der Bundesgartenzwergrepublik zu profilieren. Diese
       Wahlkämpfe dürfen nicht als Ausnahme von der liberalen Regel gelesen
       werden, sondern als Ultima Ratio aller CDU-Politik. Ist die Lage gemütlich,
       gibt man den Beust, droht sie unionslogisch aus dem Ruder zu laufen, hält
       man sich den schnarrenden Ton der Kochs.
       
       Die gewachsene Modernität der Union, die angeblich in jüngster Zeit
       dortselbst tonangebend geworden sei, ist nur ein Firnis auf einem
       altbackenen Produkt. Im Zweifelsfall ist man für Elitenschulen gegen die
       Interessen einer Bildung, die auf Qualifikation des Nachwuchses der
       sogenannten Unterschichten setzen müsste; ebenso wie man die Herdprämie von
       Müttern in spe befürwortet, nicht die Freiheit von Frauen (und Männern),
       berufstätig zu sein, ohne auf Kinder zu verzichten; letztlich ist man für
       Kohlekraftwerke wie Atomstrom und nicht für eine Ökologisierung der
       Energieversorgung.
       
       Mit der Union ist obendrein nicht das zu haben, was ihr früher seitens der
       FDP, den Traditionsliberalen, aufgehalst wurde: ein Freiheitsverständnis,
       das Bürgerrechte nicht in Relation zu äußerlichen Gefahren setzt, sondern
       wenigstens vom Verfassungsrang her absolut nimmt - Verwischungen der
       Kompetenzen zwischen Bundeswehr und Polizei, wie sie Innenminister Wolfgang
       Schäuble fantasiert, sind dem Politikverständnis der Union eingewoben,
       keine Äußerlichkeiten. Der Feind steht außen, hieß er nun Kommunismus oder
       heute Terrorismus islamistischer Provenienz. Die Union, kühl betrachtet,
       kann sich nur identifizieren, indem sie das christliche Grundverständnis
       der Nächstenliebe verknüpft mit ewiger Feinderklärung - und das ist mit
       grünen, gar republikanischen Geboten des Miteinanders unvereinbar. Wenn
       jenes Grüne noch gilt, das 1979 bei seiner Geburt in Karlsruhe zur Welt
       kam, dann passt die Union zu dieser Antiparteienpartei wie eine
       Granitschleuder zum Ökoholzlöffelchen - selbst wenn beide Werkzeuge
       neumodisch biozertifiziert sein sollten.
       
       Die Union ist, aus dem Blickwinkel der Grünen, eine Schummelpackung. In ihr
       haben PolitikerInnen wie Petra Roth in Frankfurt am Main, Peter Kurth in
       Berlin oder Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen nur insofern reichlich
       Platz, als es gerade ins Kalkül passt. Aber auch sie stehen für keinen
       mitfühlenden Konservativismus, sondern für eine Politik, die man mit dem
       Furor eines Roland Koch oder wie Sonntagabend in der Talkshow "Will" des
       bayerischen Ministerpräsidenten Erwin Huber identifizieren muss. Der
       aktuelle Wirtschaftsminister Michael Glos erkannte in den Grünen, die von
       Bündnissen mit der Union sprachen, "Zecken" im Pelz der Christunierten -
       die das Wirtstier zu infizieren drohen. Wer so fantasiert, scheint
       innerlich von Aggressionen angefressen, die zivilgesellschaftlich keinen
       Frieden versprechen, sondern, wiederum im Ernstfall, nichts als
       Ausnahmezustand.
       
       Die Union hat die Grünen nicht verdient, sie ist noch längst nicht reif,
       die Golfclubs, Tennisplätze und Rotary-Vereine dieser Republik neugierig
       hinter sich zu lassen. Die Grünen würden sich an diesem Partner um den
       Preis des eigenen Überlebens schwer verheben: Er bräche ihnen das
       politische Rückgrat!
       
       26 Feb 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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