# taz.de -- Kommentar Hamburg-Wahl: Koalition der Opernbesucher
> In Hamburg könnte Schwarz-Grün erstmals mehr sein als nur ein
> arithmetisches Gedankenspiel.
Siegen und doch verlieren: Wie diese Mischung zusammenpasst, führte die
Hamburger CDU am Sonntag vor. Mit Abstand ist sie stärkste Partei geworden,
und dennoch dürfte es nicht für eine bürgerliche Mehrheit in der Hansestadt
reichen, weil die Liberalen zu schlecht abgeschnitten haben. Die Hamburger
Wahl bestätigt erneut den bundesdeutschen Trend, dass sich die meisten
Deutschen links der Mitte sehen. Man kann es auch inhaltlich formulieren:
Gerechtigkeit bleibt das wichtigste Thema für die Wähler.
In der SPD dürfte nun die Debatte losbrechen, ob es Stimmen gekostet hat,
dass sich Parteichef Kurt Beck kurz vor der Wahl plötzlich doch vorstellen
konnte, in Hessen irgendwie mit den Linken zu kooperieren. Diese Diskussion
ist überflüssig, denn die Botschaft der Hamburger Wahl ist eindeutig: Wenn
die SPD nicht ständig der Juniorpartner in großen Koalitionen sein will,
dann muss sie sich für die Linken öffnen. Für Rot-Grün jedenfalls reicht es
nur noch höchst selten in einem Fünfparteiensystem.
Stattdessen würde es in Hamburg erneut für Schwarz-Grün reichen - was auch
schon in Niedersachsen oder Baden-Württemberg theoretisch denkbar gewesen
wäre. Aber in Hamburg könnte Schwarz-Grün erstmals mehr sein als nur ein
arithmetisches Gedankenspiel. Auf Bezirksebene arbeitet man bereits seit
vier Jahren begeistert zusammen, und auch die Wählerklientelen sind gar
nicht so unterschiedlich - bei der CDU wie bei den Grünen sammeln sich
"Opernbesucher", wie es der grüne Vordenker Cohn-Bendit einmal formuliert
hat.
Dennoch ist es riskant, auf Schwarz-Grün in Hamburg zu wetten, weil die
Risiken so ungleich verteilt sind. Für die CDU wäre es zwar ein Wagnis,
aber keine Existenzfrage, mit den Grünen zu koalieren. Anders für die
Grünen: Sie müssen fürchten, allzu viele Wähler an die Linken und
vielleicht auch an die SPD zu verlieren, wenn sie sich auf ein
schwarz-grünes Experiment einlassen. Soziologisch gesehen, mögen sich die
Sympathisanten von Grünen und CDU sehr ähnlich sein - aber das heißt noch
gar nichts für ihre Selbstwahrnehmung. Die Mehrheit in Deutschland verortet
sich links von der Mitte. Das gilt gerade für viele Grüne.
25 Feb 2008
## AUTOREN
(DIR) Ulrike Herrmann
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