# taz.de -- Interview: "Demonstrieren allein reicht nicht"
> Der Politologe und Aktivist Peter Grottian ruft dazu auf, künftig am 1.
> Mai auch Firmenzentralen zu besetzen.
(IMG) Bild: Polizeipräsident Glietsch wird von Zivilpolizisten abgeführt. Der Vorwurf: Er hat sich zu nah an die Demo herangewagt.
taz: Herr Grottian, Friede, Freude, Bionade am 1. Mai in Kreuzberg. Sind
Sie zufrieden?
Peter Grottian: Ich habe mich natürlich gefreut, dass der 1. Mai so
friedlich verlief. Gleichzeitig habe ich mich geärgert, dass danach wieder
das Ritual des erleichternden Aufatmens folgte. Politik und Polizei haben
sich auf die Schulter geklopft und sich für ihre erfolgreiche
Befriedungsstrategie gelobt. Viel wichtiger ist, was die Menschen dazu
beigetragen haben, welchen Lernprozess die Szene in den letzten Jahre
durchlaufen hat.
Was funktioniert in Berlin mittlerweile anders als in Hamburg?
Hier hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass mit Gewalt kein Blumentopf
zu gewinnen ist, sondern Krawalle im Gegenteil zu einer Entpolitisierung
des 1. Mai beitragen.
Ist denn eine Repolitisierung des 1. Mai gelungen?
In Teilen ja, wenn ich mir die Mayday-Parade anschaue und die Forderungen,
die dort fortgetragen wurden. Aber die außerparlamentarische Bewegung muss
sich auch fragen, was sie noch tun kann. Die Krawalle dürfen nicht durch
eine Latschdemo mit netten Parolen ersetzt werden. Demonstrieren allein
reicht nicht. Ich plädiere für den Mut zur Wut, kombiniert mit Akten des
zivilen Ungehorsams.
Das heißt?
Zusätzlich zur Demonstration könnte die Bewegung an diesem Tag die
Media-Spree belagern oder die Hauptsitze der preistreibenden
Wasserwerkseigner RWE und Veolia besetzen. Auch das Gelände in der
Charlottenstraße, wo der Bundesnachrichtendienst seinen neuen Hauptsitz
baut, bietet sich für Aktionen des zivilen Ungehorsams an, dort kann ein
Baustopp erzwungen werden. Und im nächsten Jahr muss endlich eine
gemeinsame Demo möglich sein.
Gemeinsam mit dem DGB?
Nein, eine gemeinsame Demonstration der außerparlamentarischen Bewegung.
Der DGB und soziale Bewegungen widersprechen sich in ihren Zielen.
Der Mindestlohn ist kein gemeinsames Anliegen?
Das ist er, aber die Ziele der Bewegung gehen sehr viel weiter, bis zu
einem garantierten Grundeinkommen und einem Mindestlohn von 10 Euro.
INTERVIEW: ANNA LEHMANN
3 May 2008
## AUTOREN
(DIR) Anna Lehmann
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beim 1. Mai. Er habe nicht damit gerechnet, erkannt zu werden. Die
Innenverwaltung freut sich, dass es sonst weitgehend friedlich war.