# taz.de -- Kommentar: Politisches Comeback
       
       > Die Mayday-Parade repolitisiert den Kreuzberger 1. Mai.
       
 (IMG) Bild: Polizeipräsident Glietsch wird von Zivilpolizisten abgeführt. Der Vorwurf: Er hat sich zu nah an die Demo herangewagt.
       
       Unpolitisch, sinnentleert, ritualisiert - was wurde dem 1. Mai in Kreuzberg
       in den letzten Jahren nicht alles vorgehalten. Und es war ja tatsächlich
       so: Die Krawalle beherrschten die öffentlichen Debatten, während die
       politischen Anliegen der Demonstranten in den Rauchschwaden der brennenden
       Mülltonnen untergingen. Doch Todgesagte leben länger: Der Kreuzberger 1.
       Mai erlebt sein politisches Comeback.
       
       Das Myfest hat sicherlich dazu beigetragen. Immerhin ist es den
       Organisatoren gelungen, ein alternatives Straßenfest in Kreuzberg zu
       etablieren, das die Randalebereitschaft der zumeist Jugendlichen eingedämmt
       hat.
       
       Auch den beiden Revolutionären 1. Mai-Demonstrationen soll ihr politisches
       Ansinnen nicht abgesprochen werden. Doch die traditionelle Demo der
       Maoisten zählt gerade noch 100 Teilnehmer und wird nicht einmal mehr in
       linken Zusammenhängen Ernst genommen.
       
       Die Demo der Autonomen am Abend lockt ihre Anhänger zwar im fünfstelligen
       Bereich. Aber auch ihr martialisches Auftreten im schwarzen Einheitslook
       wirkt zunehmend deplaziert, wenn die Polizei gar kein Interesse mehr hat,
       ihre Demo aufzulösen.
       
       Die Mayday-Parade repolitisiert den 1. Mai: Nicht weil die Aktivisten mit
       witzig geschmückten Pappschildern eine erfrischend abwechslungsreiche Form
       zu den üblichen Mai-Umzügen gefunden haben, sondern der thematischen
       Orientierung wegen: Gegen Prekarisierung gehen sie auf die Straße - und
       reagieren damit auf eine veränderte Arbeitswelt, in der es sozial
       abgesicherte Arbeitsverhältnisse immer weniger gibt. Was sie vor allem
       dabei unterscheidet: Nicht über das Elend der anderen reden sie, sondern
       über sich selbst. Das macht sie glaubwürdig.
       
       3 May 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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