# taz.de -- Rüstungsexperte über Streubomben: "Vertrag lässt viele Schlupflöcher"
       
       > Rüstungsexperte Andreas Heinemann-Grüder begrüßt den neuen
       > Streubombenvertrag. Er kritisiert aber die Ausnahmen, die Deutschland
       > erzwungen hat.
       
 (IMG) Bild: Fies klein und blitzgefährlich: nicht-explodierte Reste von Clusterbomben.
       
       taz: Herr Heinemann-Grüder, war die Streubombenkonferenz in Dublin ein
       Erfolg? 
       
       Andreas Heinemann-Grüder: Die Konferenz war ein erster Schritt. Der
       erzielte Minimalkonsens - das bedingte Verbot von Streubomben - hat
       immerhin verhindert, dass nach über sechs Jahren die Verhandlungen
       scheiterten.
       
       Auf Betreiben Deutschlands wurden Bomben ausgenommen: etwa die Smart 155
       von Rheinmetall und Diehl, auf die die ausgehandelten Ausnahmekriterien
       zutreffen. Halten Sie das für gerechtfertigt? 
       
       Nein. Solche Ausnahmen senden die falsche Botschaft - insbesondere auch an
       Staaten, die sich dem Dubliner Vertrag nicht anschließen, also Indien,
       Russland, USA usw. Ich denke auch, dass die existierenden Bestände der
       Bundeswehr sich an die Ausnahmeregelungen anpassen lassen. Der Vertrag
       lässt also sehr viele Schlupflöcher.
       
       Wer hat auf der Konferenz die Smart 155 verteidigt? 
       
       Ich kann nicht beurteilen, wie das Auswärtige Amt und das
       Bundesverteidigungsministerium sich ihre Arbeit aufgeteilt haben.
       Jedenfalls darf man davon ausgehen, dass von der deutschen Industrie
       Lobbydruck ausgegangen ist.
       
       Betreibt Deutschland eine aggressive Rüstungspolitik? 
       
       Nein, das nicht. Aber Deutschland ist zum drittgrößten Rüstungsexporteur
       aufgestiegen. Es hält sich nicht an den EU-Waffenexport-Kodex, der
       Bedingungen daran stellt, wohin exportiert werden kann. So liefert die
       deutsche Industrie auch an Israel.
       
       Was unterscheidet die jetzige Regierung von der vorigen? 
       
       Es handelt sich hier eher um Kontinuität als um eine Diskrepanz. Der
       damalige grüne Außenminister Joschka Fischer hatte 1998 einen Vorstoß zur
       atomaren Abrüstung gemacht. Als er dafür von der US-Regierung unter Bill
       Clinton einen Dämpfer erhielt, ist von Rot-Grün nichts mehr gekommen. Davon
       hebt sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier eher positiv ab. Nicht
       zuletzt das Streubombenverbot ist auch von ihm erst forciert worden.
       
       Kommende Woche stellen Sie das Friedensgutachten 2008 vor. Welche
       Rüstungsempfehlungen werden Sie der Regierung geben? 
       
       Es muss erstens der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa
       gerettet werden. Das ist für die Vertrauensbildung zwischen Russland und
       den neuen osteuropäischen Nato-Staaten unerlässlich. Sonst könnte es einen
       neuen Rüstungsschub geben. Zweitens sollte der schon erwähnte
       EU-Waffenexport-Kodex aufgewertet werden, sodass es Sanktionen bei
       Verstößen geben kann. Drittens müsste der UN-Vertrag über Waffenhandel zum
       Abschluss gebracht werden. Darin könnte fortgeführt werden, was in Dublin
       nicht gelöst wurde. Denn durch den neuen Vertrag kommen auch die anderen
       UN-Staaten unter Druck, abzurüsten.
       
       INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN
       
       30 May 2008
       
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