# taz.de -- Kommentar Streubomben: Gefährliche Vertragslücken
       
       > Ein feines Abkommen: Streubomben-Anwenderstaaten fehlten und Deutschland
       > verzeichnet das zweifelhafte Verdienst, den Vertragstext so weit wie
       > möglich aufgeweicht zu haben.
       
       Die USA, China, Russland, Indien, Pakistan und Israel haben sich an den nun
       mit einem Abkommen besiegelten Verhandlungen über ein Verbot von
       Streubomben erst gar nicht beteiligt. Just jene sechs Staaten, die die
       meisten dieser teuflischen Waffen hergestellt und eingesetzt haben - Israel
       allein 4,6 Millionen im Libanonkrieg im Jahr 2006. Dass Abrüstungs- und
       Rüstungskontrollverträge auch ohne Teilnahme der schlimmsten Übeltäter
       konkrete Verbesserungen erbringen können, beweist das bereits 1997
       vereinbarte "Ottawa-Abkommen" zum Verbot von Antipersonenminen. Doch
       diesmal sind die Vertragslücken weitaus größer und leider auch viel
       gefährlicher. Das ist ganz wesentlich das zweifelhafte Verdienst der
       Bundesregierung. Dank ihrer Statthalterrolle haben auch die Vereinigten
       Staaten in Dublin ihr wesentliches Interesse an Ausnahmebestimmungen für
       gemeinsame Militäroperationen zwischen Unterzeichnerländern und
       Nichtvertragsländern durchgesetzt.
       
       "Gemeinsame Militäroperationen" wurden seit Ende des Kalten Krieges
       entweder von UNO-Blauhelmtruppen durchgeführt, die niemals über Streubomben
       verfügt haben oder verfügen werden, oder aber von einer US-geführten
       Allianz innerhalb oder außerhalb der Nato.
       
       Bei keiner der US-geführten gemeinsamen Operationen, bei denen Streubomben
       eingesetzt wurden oder noch werden, widersprach dies den jetzt im
       Dublin-Abkommen vereinbarten Bestimmungen. Zum Glück sind in Dublin
       wenigstens die weitergehenden Forderungen der Bundesregierung nach einer
       Verbotsausnahme oder zumindest einem langjährigen Verbotsaufschub für die
       M-85 gescheitert, die 95 Prozent der derzeitigen Streumunitionsbestände der
       Bundeswehr ausmacht.
       
       Dass das Außenministerium diese Forderungen nun nachträglich zu
       "Vermittlungsvorschlägen" umlügt, ist grotesk. Bleibt zu hoffen, dass die
       Bundesregierung ihr Versprechen einhält, die Munition zu vernichten, und
       sie nicht in den mindestens acht Monaten bis zum Inkrafttreten des
       Verbotsvertrages noch gewinnbringend auf dem weltweiten Rüstungsmarkt
       verscherbelt wird.
       
       29 May 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kriegsfolgen in Bosnien und Herzegowina: Auf Minensuche in den Bergen
       
       Eigentlich wäre die Gegend um den See, den Wasserfall und die grünen Hügel
       bei Jajce ein ideales Urlaubsgebiet. Wenn da nicht die Minen wären.
       
 (DIR) Rüstungsexperte über Streubomben: "Vertrag lässt viele Schlupflöcher"
       
       Rüstungsexperte Andreas Heinemann-Grüder begrüßt den neuen
       Streubombenvertrag. Er kritisiert aber die Ausnahmen, die Deutschland
       erzwungen hat.
       
 (DIR) Deutschlands Streubomben-Politik: Kein Krieg ohne uns
       
       Die Bundesregierung begrüßt das Verbot von Streubomben als "Meilenstein".
       Doch tatsächlich hat Deutschland auf der Dubliner Konferenz weitreichende
       Ausnahmen bewirkt.
       
 (DIR) Deutschland setzt sich durch: Streubomben-Verbot - mit Ausnahmen
       
       Gemischte Bilanz für den Vertragstext zum Streubombenverbot: Zum einen
       gewährt er viele Ausnahmen - andererseits wird ein Typ mit besonders hoher
       Blindgängerquote endlich verboten.