# taz.de -- Drei Viertel machen in Deutschland Urlaub: Kein schöner Land
       
       > Der Trend bei Urlaubsreisen geht zum Regionalen. Wandern in deutschen
       > Gebirgen oder buddeln in Ostseestränden ist beliebter, als weit zu
       > fliegen.
       
 (IMG) Bild: Der Strandkorb gehört einfach dazu.
       
       Die meisten Fußstapfen im Sand hinterlassen die Deutschen inzwischen nicht
       in der Karibik oder am Mittelmeer, sondern am Ostseestrand. Das ergab eine
       Untersuchung des Deutschen Tourismusverbandes e. V. und des Städteportals
       meinestadt.de. Danach ist die deutsche Ostsee die beliebteste Urlaubsregion
       der Deutschen. Der viel beschworene Reiseweltmeister Deutschland geläutert?
       Jedenfalls wollen nach der Umfrage 72,4 Pozent der Deutschen ihren Urlaub
       im eigenen Land verbringen.
       
       Sommer, Sonne, Sand, die Tage des süßen Nichtstuns an fremden Gestaden -
       sie haben ihre Unschuld längst verloren angesichts der Klimakatastrophe und
       zersiedelter Landschaften. So bauen beispielsweise die Spanier ihre
       verschandelte Küste zurück. Die Welttourismusorganisation gab die
       Leitlinien vor: Die Reisebranche solle das Klima schützen und die Armut
       bekämpfen. Der Klimawandel sei eine der größten Herausforderungen, sagte
       der stellvertretende Generalsekretär Geoffrey Lipman gerade auf der
       Tourismus-Börse in Berlin.
       
       Freiwillige Klimaspende 
       
       Reisekonzerne wie TUI oder Thomas Cook, aber auch Billigfluganbieter im
       Internet bieten inzwischen "freiwillige Klimaschutzspenden" für Reisende.
       Kunden sollen dabei bei ihrer Buchung einer Flugpauschalreise selbst
       entscheiden, ob sie für ausgewählte Projekte zur Vermeidung
       klimaschädlicher Gase spenden möchten. Das Geld wird unter anderem in
       Solar-, Wasserkraft-, Biomasse- oder Energiesparprojekte investiert, um
       damit Treibhausgase einzusparen. Für atmosfair-Geschäftsführer Dietrich
       Brockhagen hält der Klimaschutz damit "Einzug in deutsche Reisebüros".
       
       Die Organisation hat sich dem Klimaschutz verschrieben und war Trendsetter
       dieser Ausgleichszahlungen für beim Flug entstandene Klimagase. Allerdings
       schränkt atmosfair ein: Zwar könne damit die Menge klimaschädlicher Gase,
       die durchs Fliegen entstehen, an anderer Stelle vermieden werden. Doch: Der
       Schaden, der für die Umwelt aus einem Flug entstehe, lasse sich damit nicht
       ungeschehen machen - "genauso wenig, wie eine Plombe einen kranken Zahn
       heilen kann".
       
       Das Forum anders reisen (far), in dem 150 Anbieter zusammengeschlossen
       sind, bietet seinen Kunden diese freiwillige Abgabe schon lange.
       Klimaschutz - nur ein Thema für die Biodeutschen? Für die wunderbare Welt
       der Lohas (Lifestyle of health und sustainability), für die moralischen
       Hedonisten? Oder bleiben die meisten Deutschen allein wegen der gestiegenen
       Benzinpreise oder der hohen Kosten in traditionellen Urlaubsländern wie
       Spanien oder Italien mehr zu Hause?
       
       Die Motive mögen unterschiedlich sein, doch der Trend geht zum Regionalen.
       Das Wandern in deutschen Mittelgebirgen ist inzwischen genauso angesagt wie
       das Hohenlohische Rind beim Essen. Werden bei Slow Food regionale
       Lebensmittel neu in Wert gesetzt, so gibt es beim Reisen eine Fülle von
       Projekten, Initiativen und Angeboten in Deutschland, die für Nachhaltigkeit
       stehen.
       
       Und nicht nur Slow Food, die Bewegung der Lohas, propagiert die regionale
       Küche, schon lange haben Luxusrestaurants den Genuss des Regionalen
       entdeckt. Auch im Qualitätstourismus wird das regional Besondere
       hochgehalten. Aber "Qualitätstourismus" wird zum Kampfbegriff, wenn er sich
       nur auf Luxustourismus bezieht und alles andere ausgrenzt. Unter der
       beispielhaften mallorquinischen Qualitätswende von der Putzfraueninsel zum
       Promiziel entstanden attraktive Jachthäfen, ewig durstige Golfplätze,
       Luxusresorts und raumgreifende, noble Villen zur reinen Erholung. Mallorca
       schuf unter der Marke "Qualitätstourismus" die Hardware für Reiche und ihre
       Bedürfnisse nach einem demonstrativen Konsum. Allein ein Golfplatz
       verbraucht so viel Wasser wie ein Ort mit 8.000 Einwohnern.
       
       Golf kostet viel Wasser 
       
       Qualität unter den Vorzeichen einer nachhaltigen Entwicklung muss die
       natürlichen Ressourcen schonen und den Anstoß zu einer Entwicklung geben,
       von der alle profitieren: Touristen und Gastgeber. Denn Tourismus kurbelt
       die regionale Wirtschaft an. Direkt und indirekt, indem der Reisende die
       Produkte der Region genießt und sie, wieder zu Hause, möglicherweise weiter
       von dort bezieht. Die neue Lust auf Nähe ist nicht nur umweltfreundlich,
       sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft mit ihren mittelständischen
       Strukturen.
       
       Deutschland ist ein attraktives Reiseland, wo die Flüsse immer sauberer,
       die Fahrradwege immer breiter werden und das Wandernetz immer dichter wird.
       Deutschland ist grün, und noch verdienen die meisten Gastgeber so viel,
       dass man beim fröhlichen Konsumieren nicht immer ein schlechtes Gewissen
       haben muss wie in vielen Dritte-Welt-Ländern. Die Landschaften vor der
       Haustür bieten Raum für neue Erfahrungen und kreative Aktivitäten. Ob in
       der Natur oder im aufgelassenen Stahlwerk, überall findet man Ideen wider
       Langeweile und schnellen Konsum.
       
       Ganz vorn in der Urlauberrangliste Deutschlands liegen nach der Ostsee die
       Nordsee und natürlich Bayerns Berge. Reiten, Radfahren, Klettern in der
       Natur sind nicht nur Wellness pur, sie können auch dem Umweltschutz den
       Rücken stärken, wenn Reisende den Wert der Natur schätzen gelernt haben.
       Die Landschaften vor der Haustür bieten Raum für neue Erfahrungen und
       kreative Aktivitäten.
       
       Den Bericht übers klimaverträgliche Reisen hat nicht die Deutschen Zentrale
       für Tourismus finanziert - wie so manche Reisereportage. Dafür steht die
       schlichte Einsicht: Weniger ist mehr, gerade bei der Ökobilanz.
       
       8 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
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