# taz.de -- TV-Moderator Thadeusz über Reich-Ranickis TV-Kritik: Wer ist Schuld an Rosamunde Pilcher?
       
       > Fernsehpreis-Amokläufer Reich-Ranicki findet alles in der Glotze doof.
       > Aber was kann das Fernsehen dafür, dass die Leute Mario Barth sehen
       > wollen? Sie lesen doch auch Pilcher! Ein Brief von Jörg Thadeusz.
       
 (IMG) Bild: Bekennende Nicht-Fernseher gehen Thadeusz auf den Keks.
       
       Guten Tag, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
       
       Beim nächsten Mal gehe ich und nehme das Essen nicht an.
       
       Wenn ich das nächste Mal mit Bekannten aus der Informationselite
       zusammensitze und wieder ein Webdesigner oder Dramaturg oder
       Hauptstadtjournalist verkündet, dass er überhaupt gar nicht mehr fernsieht,
       dann verschwinde ich lieber. Zigmal habe ich diese Botschaft schon gehört.
       Immer triumphal in die Umgebung getutet, als habe der zukünftige
       Nicht-Fernseher die Armut auf der Welt ein für alle Mal abgeschafft.
       Selbstverständlich soll ich mich in diesen Momenten schämen, weil ich mein
       Geld mit TV verdiene. Und ebenso selbstverständlich hat mir Marcel
       Reich-Ranicki am vergangenen Wochenende hinter die Ohren geschrieben, was
       meine klugen Bekannten schon immer wussten. Alles nur Blödsinn.
       
       Seit der alte Mann beim Fernsehpreis zürnte, war ich an der Produktion von
       drei Fernsehsendungen beteiligt. Ich durfte den beeindruckenden Mario Adorf
       interviewen. Zehn Jahre jünger als Reich-Ranicki. Vielleicht ist er
       deswegen viel geschliffener, viel eleganter, viel feiner, wenn er sich zu
       Geschmacksfragen äußert. Die Zuschauer mochten es, und mir war es ein
       Genuss. Am Folgetag haben wir zwei Sendungen in der Technischen Universität
       Berlin aufgezeichnet. Reich-Ranicki würde wegen des Titels der RBB-Sendung
       - "Kluge Köpfe" - unmittelbar Feuer speien. Kann es im Fernsehen nicht
       geben, denn schließlich sind in der Glotze alle doof. Außer seinem neuen
       Duzfreund Thomas Gottschalk, versteht sich.
       
       Tatsächlich ist der Titel unserer Gespräche mit Wissenschaftlern
       unglücklich gewählt. Denn die versammelten Professoren sind nicht einfach
       nur fuchsklug, sondern herausragende Geister. Mit solchen Menschen über
       Themen wie die Energiewende oder das Universum der Mathematik zu sprechen,
       ist ein Abenteuer.
       
       Die beteiligten Redakteurinnen haben diese Sendungen mit der Wucht einer
       Diplomarbeit vorbereitet. Haben Bücher gelesen, Fachzeitschriften
       ausgewertet, Veranstaltungen besucht und anschließend eine spannende
       Gesprächsdramaturgie entworfen. So arbeiten wir nicht ausnahmsweise,
       sondern allermeistens.
       
       Doch, doch, ich fände es berückend, wenn eine solche Sendung die zehn
       Millionen Zuschauer hätte, die sich freuen, wenn bei "Deutschland sucht den
       Superstar" Dieters Spucke spritzt. Es wäre prima, wenn wir den gedimmten
       Naturen, die Heidi Klums Model-Unfug lieben, etwas Licht bringen dürften.
       
       Nein, ich habe keine Erklärung, warum 200.000 Menschen Mario Barth nicht
       nur im Fernsehen lieben, sondern auch noch im Olympiastadion zujubeln
       wollen. Ich weiß nicht, was bei denen schief läuft, aber ich kann es gewiss
       nicht ändern. Aber ich kann mich an denen aufrichten, die eben auch das
       deutsche Fernsehen hervorgebracht hat: Bastian Pastewka, Olli Dittrich,
       Anke Engelke, Hape Kerkeling und und und.
       
       Nehmen wir an, einer der Genannten dürfte die Laudatio auf einen
       Buchpreisträger halten. Keiner von denen würde so grob sein und alle Leser
       und Schreiber pauschal beschimpfen, nur weil Rosamunde Pilcher hohe
       Auflagen hat.
       
       Herzlich, Jörg Thadeusz
       
       P.S. Am Freitag um 22.30 Uhr sendet das ZDF "Aus gegebenem Anlass" mit
       Thomas Gottschalk und Marcel Reich-Ranicki
       
       17 Oct 2008
       
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 (DIR) Rosamunde Pilcher
       
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