# taz.de -- Nach Ablehnung des Filmpreises: Intendanten geben Reich-Ranicki Korb
> Am Freitag bekommt Reich-Ranicki 30 Minuten Sendezeit, um über Qualität
> im Fernsehen zu reden. Thomas Gottschalk wird moderieren. Nur leider will
> kein Intendant der Fernsehanstalten mitdiskutieren.
(IMG) Bild: Neuerdings per Du: Gottschalk und Reich-Ranicki.
MAINZ ap/dpa/taz Thomas Gottschalk hat Erfahrung mit dem Einlösen von
Saalwetten. Damit der widerspenstige Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki
seine Deutsche Fernsehpreis-Trophäe nicht verschmäht auf dem Rednerpult
stehen lässt, bot Gottschalk ihm an, eine Stunde lang mit den Intendanten
von ZDF, RTL und ARD über Literatur, Bildung und Erziehung zu sprechen.
Reich-Ranicki stimmte zu, wenn auch skeptisch, ob etwas daraus wird. Die
Intendanten schauten vor allem peinlich berührt in die Kamera - die
Öffentlich-Rechtlichen nickten, die Private schüttelte den Kopf.
Nun, einige Tage später zeigt sich, dass Gottschalk sein Spontanversprechen
einigermaßen eingelöst hat: Reich-Ranicki bekommt 30 Minuten Sendezeit
eingeräumt - allerdings muss er mit Gottschalk alleine diskutieren. Am
Freitag um 22.30 wird das ZDF das Gespräch ausstrahlen, direkt nach dem
Heute-Journal und auf dem Sendeplatz des Kulturmagazins "Aspekte". Die
Aufzeichnung ist für Mittwoch geplant.
Damit werde das Versprechen eingelöst, das Gottschalk Reich-Ranicki bei der
Preisverleihung gegeben habe, hieß es. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut
zeigte sich erfreut über die Zusage von Reich-Ranicki und erklärte: "Wir
sind offen für Kritik und räumen ihr gerne Raum ein."
Dass nur Reich-Ranicki so nur die Hälfte der von Gottschalk versprochenen
Sendezeit bekommt ist das eine. Viel gravierender aber, dass keiner der bei
der Preisverleihung anwesenden Intendanten dem widerspenstigen
Hochkultur-Verfechter Reich-Ranicki in einer Diskussion die Stirn bieten
mag.
Der Literaturkritiker, der bei der Gala des Deutschen Fernsehpreises in
Köln für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden sollte, hatte die Ehrung auf
der Bühne zurückgewiesen. Er begründete dies mit seiner Kritik an der
Qualität des Fernsehens. Im Bayerischen Rundfunk sagte er am Montag: "Der
Preis war eine Beleidigung. Da wurden lauter miserable Sachen preisgekrönt.
Da gehöre ich nicht dazu."
Seinen Preis in Form eines Plexiglas-Obelisken ließ er stehen, die
Produzentin Katharina Trebitsch nahm ihn mit. Auf die Frage, wo sie ihn
aufbewahre, antwortete Reich-Ranicki im BR: "Das weiß ich nicht. Vielleicht
auf ihrem Klo."
Die Idee, seine Meinung zu sagen, sei ihm spontan gekommen, erklärte er. In
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte er: "Eines ist sicher: Ich bin
nicht nach Köln gefahren, um Krach zu schlagen." Es habe ihn wütend
gemacht, dass fast alle preisgekrönten Darbietungen auf einem erbärmlichen
Niveau gewesen seien.
WDR-Intendantin Monika Piel forderte in Reaktion auf Reich-Ranickis
Ausbruch die Landesmedienanstalten auf, eine Qualitätsdebatte zu führen.
"Ich hoffe nur, dass dieser Anstoß jetzt auch mal von den Landesanstalten
für Medien aufgenommen wird und dass die auch mal eine Qualitätsdebatte
nicht immer nur über den öffentlich rechtlichen Rundfunk, sonderna uch über
das kommerzielle Fernsehen führen", sagte Piel am Montag im WDR. Sie
bekannte gleichzeitig, Reich-Ranicki für den Preis vorgeschlagen zu haben.
Elke Heidenreich, die im ZDF die Literatursendung "Lesen!" präsentiert,
unterstützte Reich-Ranicki mit seiner Kritik. "Wie jämmerlich die
dargebotenen Produkte und Arbeiten in der Mehrzahl waren, wie jämmerlich
unser Fernsehen ist, wie arm, wie verblödet, wie kulturlos, wie
lächerlich", schrieb sie in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine
Zeitung.
"Ich dachte, was für eine Zumutung diese armselige, grottendumme
Veranstaltung für ihn sein müsse", erklärte sie mit Blick auf
Reich-Ranicki. "Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu
arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt 'raus, ich bin des Kampfes eh
müde."
Ein ZDF-Sprecher reagierte am Montag mit einer Erklärung: "Wir haben die
Kritik von Frau Heidenreich an der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises
2008 zur Kenntnis genommen. Über die Zukunft ihrer Sendung "Lesen", eines
wichtigen Programmakzents im ZDF, sind wir ohnehin seit einiger Zeit im
Gespräch." Die nächste Ausgabe von "Lesen!" ist für den 31. Oktober
geplant.
14 Oct 2008
## ARTIKEL ZUM THEMA