# taz.de -- Streit um nach Antisemitem benannte Straße: Kein Friede mit Treitschke
       
       > Die Treitschkestraße in Steglitz bleibt ein Dauerbrenner. Am Freitag will
       > Schwarz-Grün eine Stele zum umstrittenen antisemitischen Historiker
       > aufstellen. Die SPD sagt: Das macht alles nur noch schlimmer.
       
 (IMG) Bild: Heinrich von Treitschke: bekannt für seine antisemitische Schrift „Die Juden sind unser Unglück“
       
       Es sollte eine Art Friedensangebot der schwarz-grünen Bezirkskoalition
       sein. Wenn schon die nach dem umstrittenen Historiker benannte
       Treitschkestraße in Steglitz nicht umbenannt wird, dann sollen wenigstens
       die Aufstellung einer Informationsstele sowie die Umbenennung der
       anliegenden Grünfläche in "Harry-Bresslau-Park" die Gemüter beruhigen.
       Schließlich war Bresslau - selbst Professor für Geschichte - einer der
       Gegenspieler Treitschkes. Am heutigen Freitag sollen die Stelen aufgestellt
       und der Bresslau-Park eingeweiht werden.
       
       Frieden wird damit in Steglitz-Zehlendorf nicht eintreten. Vor allem die
       SPD ist sauer: Die Info-Tafel gehöre "eingestampft", zürnen die
       Bezirksgenossen. Die Grünen dagegen verteidigen sich: "Die Benennung des
       Harry-Bresslau-Parks haben wir Grüne der CDU in harten Verhandlungen
       abgerungen", sagt der aus Steglitz-Zehlendorf stammende grüne Abgeordnete
       Benedikt Lux.
       
       Die Grünen sind wahrlich nicht zu beneiden. Im Grunde ist eine Mehrheit von
       SPD, FDP und Grünen für eine Umbenennung der Treitschkestraße. Schließlich
       war es der Historiker, der Ende des 19. Jahrhunderts den Spruch geprägt
       hatte: "Die Juden sind unser Unglück." Seit Jahren streitet man deshalb im
       Bezirk, ob eine Straße mit diesem Namenszug noch zeitgemäß ist. Die CDU
       meint: Ja. Nachdem sich 2006 eine schwarz-grüne Zählgemeinschaft im Bezirk
       gebildet hatte, suchten CDU und Grüne nach einem Kompromiss. Der sah
       schließlich vor, keine Straßenumbenennungen in dieser Legislaturperiode
       umzusetzen.
       
       Vielmehr sollte mit einem breiten Gedenkkonzept eine Diskussion um
       Treitschke angestoßen werden. Ein "Meilenstein" sei die Einweihung deshalb
       und "ein Impuls zum Diskutieren, Informieren und Nachlesen", freut sich
       Christa Markl-Vieto, Fraktionschefin der Steglitzer Grünen.
       
       Die SPD sieht das anders. Der Text der Stele sei "völlig ungeeignet",
       schimpft SPD-Fraktionschef Michael Karnetzki. Die antisemitischen
       Positionen Treitschkes würden ohne Distanzierung dargestellt, dessen Gegner
       kämen nicht ausreichend zu Wort.
       
       Darüber hinaus sei nach Ansicht der SPD der Bezirksverordnetenversammlung
       keine Mitsprache an der Gestaltung des Textes gewährt worden. Karnetzkis
       Schlussfolgerung: Die Tafel könne so nicht hängen bleiben. "Diese
       Gedenkpolitik ist wenig glaubwürdig", so der SPD-Mann. Seine Partei
       überlege nun, die angestrebte Straßenumbenennung mit einem Bürgerbegehren
       voranzutreiben.
       
       Das wiederum ärgert die CDU. "Der SPD fällt nichts mehr ein", ärgert sich
       der CDU-Fraktionschef Torsten Hippe. Die Informationstafel sei
       wissenschaftlich fundiert, die Stele bestens geeignet, um eine öffentliche
       Diskussion über Treitschke im Bezirk zu animieren. Eine Umbenennung der
       Straße komme derzeit in der CDU jedenfalls nicht in Frage, lautet Hippes
       Schlussfolgerung.
       
       21 Nov 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streit um Treitschkestraße: Antisemitismus über administrativen Aufwand
       
       Die Treitschkestraße in Steglitz ist nach einem Antisemiten benannt. Seit
       Jahren wird die Umbenennung gefordert, die CDU stellt sich erneut dagegen.
       
 (DIR) Abstimmung über Treitschke: Visitenkarten für weltoffenes Berlin
       
       In Steglitz können die Anwohner jetzt entscheiden, ob sie in einer Straße
       wohnen wollen, die nach dem Antisemiten Heinrich von Treitschke benannt
       ist.
       
 (DIR) Erinnerungs(un)kultur in Steglitz: Wegweisender Antisemit
       
       Die Treitschkestraße in Steglitz ist nach einem Antisemiten benannt.
       Dagegen gibt es seit Jahren Protest - der Name wird trotzdem nicht
       geändert.
       
 (DIR) Kontra: Die Umbenennung wäre falsch
       
       Straßennamen sind das historische Gedächtnis der Stadt. Das gilt auch für
       Treitschke, einem der unappetitlichsten deutschen Historiker. Soll man eine
       Straße, die seinen Namen trägt, deshalb umbenennen? Nein.
       
 (DIR) Pro: Die Umbenennung wäre ein Signal
       
       Das unrühmliche Treitschke-Zitat "Die Juden sind unser Unglück" gehört
       ebenso auf die Gedenkstele wie der Hinweis, dass die Nazis es Jahrzehnte
       später für ihre Propaganda genutzt haben. Fehlt dieser Mut, hilft nur noch
       eins: die Umbenennung.