# taz.de -- Kommentar Mikrokredite: Kredit für ein eigenständiges Leben
       
       > Die GLS-Bank hat bei Muhammad Yunus abgeguckt und vergibt jetzt
       > Mikrokredite - praktische Entwicklungshilfe für eine menschenwürdige
       > Existenz mitten im sparwütigen Industriestaat.
       
 (IMG) Bild: Kleinstkredite helfen armen Pakistanerinnen beim Aufbau einer eigenen Existenz
       
       Der Sozialstaat? Eine deutsche Erfindung. Entwicklungshilfe? Leistet der
       Norden dem Süden, den theoretischen Überbau eingeschlossen. Grundsicherung
       für alle? Da arbeiten wir gerade dran.
       
       Die deutsche GLS-Bank verlässt sich lieber nicht auf diesen scheinbar
       natürlichen Gang der Dinge in Deutschland - und das mit gutem Grund. Die
       Bank hat vom Süden gelernt, genauer von Muhammad Yunus, dem Gründer der
       Grameen-Bank und Erfinder des Mikrokredits. Sie hat erkannt, dass es nach
       Jahrzehnten des Sozialabbaus längst nicht mehr nur in Yunus Heimatland
       Bangladesch Menschen gibt, die nur winzige Beträge vom Aufbau einer
       menschenwürdigen Existenz trennen.
       
       Yunus selbst sah sich nie als Wohltäter. Vielmehr will er die Abhängigkeit
       von milden Gaben oder staatlicher Stütze abbauen. Ein Vorwurf gegen ihn
       lautet, dass Frauen von ihren Männern teilweise nur vorgeschickt würden,
       Schulden bei der Grameen-Bank aufzunehmen, die sie anschließend mühsam
       abarbeiten müssen. Yunus Antwort darauf: Eine Bank könne nicht allein eine
       über Jahrtausende entstandene Frauenfrage lösen. Wohl aber könne sie den
       Frauen helfen, sich selbst aus der Geschlechterfalle zu befreien.
       
       Hierzulande könnte eine Kritik an der GLS-Bank lauten, sie würde Menschen
       in die Verschuldung laufen lassen. Aber auch hier gilt: Eine Bank ist kein
       Ersatz für eine vernünftige Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Aber sie kann
       - mithilfe guter Beratung - ihr Scherflein dazu beitragen, dass Menschen
       noch eine Chance bekommen, denen der Staat längst keinen Ausweg mehr aus
       Hartz IV bieten kann oder will.
       
       Es ist noch nicht lange her, dass der Staat selbst den ansonsten
       Chancenlosen bei der Existenzgründung half. Die Ich-AG war eine der
       Hartz-Reformen, der Arbeitsmarktforscher eine hohe Wirksamkeit
       bescheinigten. Doch ausgerechnet Hartz-IV-Empfänger haben seit 2006 keinen
       Anspruch mehr auf die staatliche Existenzgründerhilfe. Insofern ist es
       tatsächlich eine Art der Entwicklungshilfe, die die GLS-Bank und ihre
       Nachahmer nun in Deutschland leisten. In einem Industriestaat mithin, der
       bei sich selbst an der Armutsbekämpfung spart.
       
       13 Apr 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
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