# taz.de -- Schwarzes Gold: Ein Wald von Bohrtürmen wie in Baku
       
       > Das Zentrum der deutschen Erdölindustrie lag einst bei Celle. Ein Museum
       > erinnert an diese Geschichte. Heute untersuchen hier Geologen Bohrkerne
       > aus aller Welt auf Hinweise nach Ölvorkommen. In Deutschland gibt es
       > nicht mehr viel zu holen.
       
 (IMG) Bild: Ein Anblick wie im Wilden Westen oder am Kaspischen Meer: Ölförderung in Wietze um 1917.
       
       Penibel gepflegte Gärten, ruhig grasende Pferde und rustikale Bauernhöfe in
       rotem Klinker prägen die Region um Wietze. Die kleine Stadt am Rande der
       Lüneburger Heide war bis in die sechziger Jahre des vergangenen
       Jahrhunderts hinein die wichtigste deutsche Erdölstadt. Daran erinnern
       heute noch das Zentrallabor der Deutschen Erdöl AG (Dea) und das deutsche
       Erdölmuseum. Am Wochenende wird dessen 50. Gründungstag gefeiert und der
       150. Jahrestag der ersten erfolgreichen Erdölbohrung unter der Regie des
       Geologieprofessors Georg Christian Konrad Hunäus.
       
       "Noch heute gibt es auf dem Museumsgelände einen Fleck, wo schweres Öl an
       die Oberfläche gelangt. Vielleicht werden wir dort irgendwann wieder die
       Förderung aufnehmen", sagt Heiko Möller lachend. Möller ist der Leiter des
       RWE Dea-Labors in Wietze und Spezialist für die Analyse von Bohrkernen aus
       aller Welt. Die Zusammensetzung der Gesteinsschichten im Untergrund und
       deren Eigenschaften geben den rund dreißig Spezialisten im Labor konkrete
       Hinweise, womit die Bohrmeister in Mauretanien, Norwegen oder Deutschland
       rechnen können.
       
       Das Unternehmen, eines der kleineren der Branche, sucht auf der ganzen Welt
       nach Erdöl und Erdgas. 2008 brachten seine Ingenieure 26 erfolgreiche Gas
       und Erdölbohrungen nieder. Vor allem im Ausland doch auch in Deutschland
       wird mit modernster Seismik nach den letzten Erdölblasen im Untergrund
       gesucht.
       
       Nicht nur in Schleswig Holstein sind die schweren Traktoren mit dem
       Bohrgestänge und die Vibrationstrucks unterwegs, um dreidimensionale Bilder
       des Untergrunds zu zeichnen, sondern auch im Gifhorner Trog. Der liegt nur
       einige Kilometer von Wietze entfernt. RWE Dea-Pressesprecher Derek Mösche
       hofft dort auf einige kleinere Fundstätten. "Generell ist in Deutschland
       nicht mehr mit größeren Vorkommen zu rechnen, denn die wurden wie in Wietze
       längst ausgebeutet", sagt er.
       
       Der überraschende Fund interessierte niemanden 
       
       Die Gegend rund um Wietze war einst gespickt mit Bohrtürmen wie ein
       Rehrücken mit Speck. Wie auf den Ölfeldern in Baku, Pennsylvania oder Texas
       sah es in der Lüneburger Heide aus. Mit Kellen wurde das zähflüssige Öl,
       welches aus hunderten von Bohrlöchern quoll, in ausrangierte Heringsfässer
       geschöpft und per Pferdefuhrwerk zur Bahnstation geschafft. Von dort wurde
       das schwarze Gold in die Raffinerien von Hamburg und Bremen transportiert.
       
       Dass es Öl in der Region gab, war schon früh bekannt. "Teerkuhlen" nannte
       man die Löcher auf den Feldern, wo schweres, klebriges Öl austrat. Damals
       ging man davon aus, dass Öl seine "Entstehung dem Gärungs- und
       Erhitzungsprozess oder den unterirdischen Glühungen der fossilen
       Kohlenlager" verdanke. Dort wo Öl austrat, musste sich, so die weit
       verbreitete These, ein größeres Kohleflöz befinden. Deshalb ließ Professor
       Hunäus 1858 sein Bohrgestänge genau neben einer Teerkuhle aufstellen. Der
       renommierte Mann war im Auftrag des Königshauses von Hannover unterwegs, um
       mit insgesamt 13 Bohrungen nach Rohstoffen wie Kohle und Braunkohle zu
       suchen.
       
       "Im Mai 1859 traf der primitive Bohrmeißel dann auf eine ölführende
       Schicht", erzählt Martin Salesch, der Direktor des Erdölmuseums von Wietze.
       Er ist der Herr über die letzten Bohrtürme von Wietze und kennt sich
       bestens aus in der mit Erdöl geschriebenen Geschichte der Kleinstadt. Aus
       gerade sieben Bauernhöfen bestand Wietze als Hunäus auf Öl stieß. Doch der
       überraschende Fund interessierte weder den Geologieprofessor noch die Leute
       in Wietze.
       
       Kohle war damals weitaus gefragter als Öl. Mitte des 19. Jahrhunderts
       benutze man in Deutschland Erdöl nur in bescheidenen Mengen als
       Schmiermittel, zu Beleuchtungs- aber auch zu Heilzwecken. Erst mit der Ende
       des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland durchgreifenden Industrialisierung
       wurde die Nachfrage nach Leuchtölen, vor allem Petroleum, größer, erklärt
       Martin Salesch.
       
       Erdölbonanza mit stattlicher Verzögerung 
       
       Da erinnerte man sich auch wieder an die Vorkommen in der Lüneburger Heide
       und dem Bohrunternehmer Friedrich Hasenbein war es 1899 vergönnt, mit
       seiner erfolgreichen Bohrung den Erdölboom in der Heide zu initiieren.
       Fortan ging das Erdölfieber in der Lüneburger Heide um. Mehr als 350
       Bohrungen wurden bis 1904 unternommen und die Förderung stieg sprunghaft
       an.
       
       27.731 Tonnen waren es ein Jahr nach der erfolgreichen Hasenbein-Bohrung.
       Zehn Jahre später konnte der Bedarf des Deutschen Reiches von 100.0000
       Tonnen allein aus dem Ölfeld von Witze gedeckt werden. Für die Region wurde
       das Erdöl zum dominierenden Wirtschaftsfaktor. Mehr als 1600 Arbeiter
       schufteten zur Hochzeit auf dem Ölfeld und sorgten dafür, dass aus dem
       kleinen Dorf im Laufe der Jahre das deutsche Klein-Dallas wurde.
       
       Wichtigstes Unternehmen vor Ort wurde die "Deutsche
       Erdöl-Aktiengesellschaft" (Dea), die angesichts nachlassender Ergiebigkeit
       der Vorkommen nach und nach zahlreiche Gesellschaften in Wietze übernahm
       und später zum größten Erdölunternehmen des Deutschen Reichs aufstieg. Das
       damalige Firmen-Emblem mit dem stilisierten roten Bohrturm ist ebenfalls im
       deutschen Erdölmuseum zu sehen. Allein dessen Ausstellungshalle ist 600
       Quadratmeter groß. Dazu kommt noch ein zwei Hektar großer Außenbereich.
       
       Letzterer ist Teil des ehemaligen Ölfeldes "Schwarzer Weg". Dieses wurde
       bis ins Jahr 1964 von der Dea ausgebeutet und 1969 im Originalzustand -
       sprich mit allen Geräten, Pumpanlagen und sonstigen Ausstellungsstücken -
       an die Gemeinde Wietze übergeben. Einzige Auflage: Ein Museum sollte auf
       dem Gelände entstehen. So kam Wietze zum "Deutschen Erdölmuseum".
       
       Bei den anstehenden Jubiläumsfeiern wird Laborleiter Möller natürlich
       zugegen sein und vielleicht auch einige Worte zur aktuellen Fördersituation
       in Deutschland verlieren. Das wichtigste deutsche Ölfeld heißt Mittelplate
       und liegt im Wattenmeer. Derzeit werden gerade drei Prozent des Bedarfs aus
       heimischen Erdölfeldern, die vor allem in Schleswig-Holstein und
       Niedersachsen liegen, gedeckt. Die Fördermenge ist rückläufig. "Bei Gas
       sieht es hingegen etwas besser aus", sagt der RWE Dea-Mann. "Da werden
       immerhin knapp zwanzig Prozent des Bedarfs in deutschen Landen gefördert."
       Allerdings ist auch hier in Tendenz sinkend und eine Ölbonanza wie einst in
       Wietze wird es wohl nie wieder geben.
       
       Am 6. Juni feiert dasErdölmuseum die erste erfolgreiche Bohrung
       
       1 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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 (DIR) Erdöl
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