# taz.de -- Die Vogue wird 30: Es ist so Chanel!
       
       > "Before its in fashion, its in Vogue": Die deutsche Ausgabe des
       > Modemagazins "Vogue" wird 30. Ein Lob zum Geburtstag – für eine
       > Zeitschrift, die sich treu bleibt.
       
 (IMG) Bild: "Für die überdurchschnittlich gebildete Frau mit hohem Einkommen" – die Vogue wird 30.
       
       Ob man wohl darum herumkommt, einen Witz zu machen, so von wegen: Frau, 30.
       Geburtstag, problematisch, Sinnkrise? Nun ja, die deutsche Vogue, DAS
       deutsche Modemagazin, ist jetzt jedenfalls 30 - und damit so alt wie die
       taz. Aber eigentlich war die Vogue immer schon eher irgendetwas
       Unbestimmbares um die 40 - und das Chanel-Kostüm unter den
       Frauenzeitschriften.
       
       Zeitlos elegant, elitär und erhaben. Wo andere Magazine, etwa die
       Konkurrentin Elle, ihre Fotostrecken und Kosmetiklobhudeleien mit
       pseudotiefen Ratgeberpsychotexten à la: Wie überlebe ich den 30.
       Geburtstag? Was ist der Sinn? Wo kriege ich ihn her? zufüttern, besinnt
       sich Vogue auf sich selbst: auf Vogue, auf Mode also mit ein bisschen
       Zusatz. Modestrecken bekannter Fotografen, Kosmetikneuheiten als
       Kunstinszenierungen, dazu Kultur- und Reisetipps, alles schön ausführlich-
       und teuer, natürlich. "Für die überdurchschnittlich gebildete Frau mit
       hohem Einkommen" - so wirbt Vogue für Abonnentinnen.
       
       Zeitschriftentrends wie jenen, der aus Texten plötzlich Häppchen schnitt,
       aus Aktentaschengröße abendtäschchenkleine Heftformate, aus Bildgewalt
       Diasuchbilder, machte die Vogue nicht mit. Sie ist, was sie ist. Und
       erscheint - im Gegensatz zu einst innovativen Frauenzeitschriften wie der
       inzwischen eingestellten Allegra - seit 1979 im Verlag Condé Nast. Statt
       Häppchen gibt es mächtige Happen für die Leserin, die gerne auch mal
       zulangt - zumindest intellektuell, finanziell und was das Heftgewicht
       anbelangt. Interviews und Porträts sind gleich mehrere Seiten lang, enden
       auch mal abrupt und werden erst hundert Seiten später weitergeführt -
       lässig widerspricht das allem, was die Leser-Lese-Führung so an Regeln
       kennt. Rund 24.000 Exemplare der Vogue werden pro monatlicher Ausgabe im
       Abo verkauft, um die 70.000 frei. Leserinnen wie Anzeigenkunden ködert die
       "Modebibel" mit dem Werbespruch "Before its in fashion, its in Vogue" -
       wobei es völlig klar und auch egal ist, dass niemand diese Mode je tragen
       wird. Es ist reine Sehlust.
       
       Für die sechs Euro Heftpreis gibt es jede Menge Papier zum Angucken. Die
       Vogue ersetzt so leicht jedes Coffeetablebook als Wohnaccessoire, und für
       die wenigen, die sie tatsächlich rumtragen, das Hanteltraining. 732 Seiten
       - 414 Seiten davon Anzeigen - sind es in der Jubiläumsausgabe, die jetzt am
       Kiosk liegt, in drei verschiedenen Varianten.
       
       Das Editorial von "Christiane Arp, Chefredakteur" (so stehts in der Vogue),
       das erst auf Seite 88 den redaktionellen Teil beginnt, erklärt, warum. Die
       deutsche Vogue ist Deutschland, oder so ähnlich. Jedenfalls gibt es eine
       Ausgabe in Schwarz mit Fotostrecken von Karl Lagerfeld, eine in Rot, für
       die Peter Lindbergh zur Kamera griff, und die goldene Vogue gestaltete
       Bruce Weber. Claudia Schiffer, Heidi Klum, Horst Buchholz, Peter Handke,
       Tokio Hotel, Wim Wenders, die Hochspringerin Gretel Bergmann, 6.000 Kleider
       - all das kommt in den Fotostrecken vor und zeigt so anschaulich das
       Vogue-Spektrum.
       
       Allerdings haben die drei Fotografen einen leicht eingeschränkten
       Deutschlandbegriff: Deutschland ist Berlin. Lagerfeld feiert in seinen
       Aufnahmen das Berlin von 1900 bis 1933, als "der jüdische Geist die Künste
       blühen ließ" und die moderne Frau erfunden wurde, sagt Karl und inszeniert
       die Modelle als Tänzerin Anita Berber, als Stummfilmstar Asta Nielsen und
       Claudia Schiffer als Rosemarie Nitribitt. Peter Lindbergh fotografiert
       Berliner Häuserwände, Industriebrachen, das "Borchardt" und den "Tresor",
       Bruce Weber folgt seinen deutschen Wurzeln, dem Berliner Bären, der
       Kitesurf-Weltmeisterin Kristin Boese und dem Chansonnier Max Raabe mit der
       Kamera.
       
       So deutsch wie die Jubiläumsausgabe ist die nationale Vogue-Ausgabe gern.
       In 17 Ländern gibt es das Magazin - und die deutsche Fashionbible war nie
       so flippig wie die britische, nie so stilbildend wie die französische, nie
       so skandalträchtig wie die rund hundert Jahre alte US-Vogue mit ihrer stets
       umstrittenen Chefredakteurin Anna Wintour. Die deutsche Vogue war immer ein
       wenig zu klassisch, zu Chanel, sehr introspektiv, wie die vielleicht beste
       Rubrik in der deutschen Zeitschriftenlandschaft, die "Fragen ohne Antwort".
       Prominente stellen Fragen, die sich jeder selbst beantworten kann. Zum
       Beispiel: Wie schlimm war Ihr 30. Geburtstag für Sie?
       
       10 Sep 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniela Zinser
 (DIR) Daniela Zinser
       
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