# taz.de -- Falsche Videojournalisten beim Klimagipfel: Der Feind in meiner Demo
> In Kopenhagen haben als Aktivisten getarnte Polizisten Demos gefilmt und
> als Livestream an die Zentrale gesendet. Vier inhaftierten
> Greenpeace-Mitgliedern drohen hohe Strafen.
(IMG) Bild: Aktivist oder Polizist? Vor dem hier scheint keine Gefahr für Demonstranten auszugehen.
BREMEN taz | Dänische Polizisten, als Videoaktivisten getarnt, haben
während des Klimagipfels aus dem Innern von Demonstrationen heraus
Live-Videobilder an die Einsatzzentrale gesendet. Das zeigen Fotos, die auf
der dänischen Seite des Nachrichtenportals [1][Indymedia] zu sehen sind.
Diese Methode, das Verhalten von Demonstranten aufzuzeichnen sei "eine neue
Qualität" der Überwachung, sagt Alexis Pasadakis, ein Sprecher des
Protestnetzwerks Climate Justice Action. "Die sahen aus wie Leute von
Indymedia oder sowas, sind in die Demo rein und haben Livebilder gemacht.
Das kannten wir so nicht."
Dokumentiert wurde eine Gruppe von fünf Zivilpolizisten während ihres
Einsatzes vor dem Bella Center, dem Tagungsort des Gipfels. Am Mittwoch,
dem 16. Dezember erreichte ein Zug mit rund 2.000 Demonstranten die
Absperrung in Sichtweite des Kongresszentrums. Auf den Fotos ist, zwischen
den Demonstranten, einer der Zivilpolizisten zu sehen. Er trägt eine
hochauflösende Videokamera, die über ein Kabel mit einem leistungsstarken
Transmitter auf seinem Rücken verbunden ist. Mit diesem Sender lassen sich
die von der Kamera aufgezeichneten Bilder in Echtzeit drahtlos übertragen.
Üblicherweise werden Demonstrationen nur von außenstehenden,
gekennzeichneten Polizisten mit Videokameras aufgezeichnet.
Laut Passadakis haben andere Polizisten aus dieser Gruppe, die ebenfalls
auf den Fotos zu sehen sind, Demonstranten animiert, gegen die Polizei
vorzugehen – offenbar um Aufnahmen von Straftaten zu produzieren. "Der ist
nach vorn gegangen, hat gegen die Polizeiketten gedrückt und den
Umstehenden gesagt, sie sollen mitmachen." Kurz danach seien die gleichen
Polizisten daran beteiligt gewesen, einzelne Demonstranten zu verhaften,
sagt Passadakis. Ihn empört dies vor allem, weil die Behörden vorher
zugesichert hätten, keine Zivilpolizisten einzusetzen. "Das war
ausdrücklich Teil der vorab getroffenen Absprache."
Unterdessen macht Greenpeace international Druck, damit vier Aktivisten der
Umweltschutzorganisation aus der Untersuchungshaft in Kopenhagen entlassen
werden. Dem spanischen Greenpeace-Geschäftsführer, einem Schweizer, einer
Norwegerin und einem Niederländer drohen Haftstrafen von mehreren Monaten,
sagt Stefan Krug, der Leiter der Greenpeace-Vertretung in Berlin.
Die vier hatten sich am 17. Dezember bei dem Gala-Dinner eingeschmuggelt,
das die dänische Königin Margarethe auf Schloss Christiansborg während des
Gipfels für die Staatschefs ausgerichtet hatte. Kurz bevor Angela Merkel
den Saal betrat, entrollten sie zwei Transparente, wurden aber sofort von
Sicherheitskräften abgedrängt. Gestern hatte die dänische Justiz zwölf
Klimademonstranten aus der U-Haft entlassen, die Greenpeace-Aktivisten
waren jedoch nicht darunter. "Wir wissen nicht, ob und wann die wieder
freigekommen," sagt
Krug. "Die halten sich da alle Optionen offen". Am morgen hat Krug dem
dänischen Botschafter in Berlin eine Protestnote übergeben. Ähnliche
Aktionen gab es auch in anderen Hauptstädten. "Andere Staaten setzen sich
da noch viel intensiver ein," sagt Krug. So habe etwa der spanische
Präsident Zapatero die dänische Regierung gebeten, die Umweltschützer
freizulassen. Ihnen wird "Majestätsbeleidigung", "Täuschung der Polizei"
und Hausfriedensbruch vorgeworfen
23 Dec 2009
## LINKS
(DIR) [1] http://indymedia.dk/articles/1983
## AUTOREN
(DIR) Christian Jakob
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Klimagipfel-Verhaftungen: Lauschangriff auf die "Lümmel"
Die dänische Polizei steht wegen abgehörter Telefongespräche zwischen
Aktivisten und Journalisten in der Kritik. Das dürfte ein politisches wie
rechtliches Nachspiel geben.