# taz.de -- Kommentar Bürgerrecht 2.0: Das Dilemma mit den Daten
       
       > Für NetzaktivistInnen war es ein erfolgreiches Jahr. Das Thema
       > Datenschutz boomt. Nicht aufgelöst ist jedoch der Widerspruch zwischen
       > der Freiheit beim Surfen und den Persönlichkeitsrechten.
       
 (IMG) Bild: Paradiesische Zustände: Therme im Südwesten Islands.
       
       NetzaktivistInnen können auf ein erfolgreiches Jahr zurückschauen. Das
       zeigt sich nicht nur beim Kongress des Chaos Computer Clubs, der am
       Mittwoch in Berlin mit einem neuen Teilnehmerrekord zu Ende geht.
       Datenschutz ist plötzlich überall. Die Piratenpartei konnte bei der Europa-
       und Bundeswahl Achtungserfolge erzielen. 25.000 DatenschutzaktivistInnen
       gingen Mitte September in Berlin gegen Überwachung auf die Straße. Und wann
       hat es in den vergangenen Jahren eine Bewegung geschafft, ein ganzes Gesetz
       zu Fall zu bringen?
       
       Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) musste das Internetsperrengesetz
       wieder von ihrer Agenda nehmen, nachdem es Bundespräsident Horst Köhler
       mulmig wurde. Damit ist Bürgerrecht 2.0 die erfolgreichste soziale Bewegung
       der vergangenen Jahre.
       
       Dabei stecken die NetzaktivistInnen argumentativ streng genommen in einer
       Zwickmühle: Denn einerseits wenden sie sich gegen Zensur und jegliche
       Formen, die das freie Surfen im Internet einschränken könnten. Andererseits
       sehen auch sie die Gefahren, welche die Onlinewelt insbesondere mit Blick
       auf Persönlichkeitsrechte und Datenschutz mit sich bringt. Dieses Dilemma
       zeigt sich nicht zuletzt bei Wikileaks, dem Portal, auf dem geheime
       Dokumente anonym veröffentlicht werden können. Transparenz in allen Ehren:
       Dass dabei mitunter auch personenbezogene Daten für alle zugänglich gemacht
       werden, die nicht unbedingt jeder zu wissen hat, wird von den Betreibern
       bewusst ignoriert.
       
       Wahrscheinlich ist es ebendieser Widerspruch, der den Netzaktivisten so
       viele Anhänger beschert. So ziemlich jeder einzelne Internetnutzer dürfte
       sich inzwischen selbst herausgefordert sehen, einerseits um die
       Missbrauchsgefahr seiner Daten im Netz zu wissen, andererseits ganz im
       Zeitgeist freiwillig die Onlinewelt eifrig mit persönlichen Infos zu
       füttern. Dieser Widerspruch macht das Themenfeld so spannend.
       
       Will die digitale Bürgerrechtsbewegung aber auch 2010 schlagkräftig
       bleiben, kommt sie nicht umhin, weitere Themen zu besetzen - auch wenn die
       Gesundheitskarte schwieriger zu skandalisieren sein mag als die
       Internetsperre. Vor allem aber muss sie klare Grenzen ziehen bei der Frage,
       ab wie viel Transparenz die Persönlichkeitsrechte nicht doch verletzt
       werden. Der Schutz der Schwachen muss auch im Netz gewährleistet sein.
       
       30 Dec 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) "Modern Media Initiative": Island als Oase der Aufklärung
       
       In Island wurde ein Gesetz angeschoben, mit dem das Land Journalisten aus
       aller Welt helfen will, an Zensur und Geheimhaltung vorbeizukommen.
       
 (DIR) Blockade bei Spendenaktion: Paypal sperrt Wikileaks-Konto
       
       Das Bezahlsystem Paypal hatte mitten in der Hochphase einer Spendenaktion
       das Konto der Datenbank Wikileaks gesperrt – ohne Vorwarnung.
       
 (DIR) CCC-Jahreskongress in Berlin: Clubmate, Kabel und Computer
       
       Die Hacker-Bewegung ist vielfältig. Der CCC ist längst zu einer
       professionell arbeitenden Lobby-Organisation geworden, den schrägen Charme
       eines Hackerclubs hat er sich erhalten.
       
 (DIR) Wikileaks: Digitale Denunziation oder Aufklärung?
       
       Das Internetprojekt Wikileaks will Transparenz schaffen. Seit drei Jahren
       veröffentlicht es geheime Dokumente – die Quellen dagegen bleiben
       verborgen.